Der Auswärtige Ausschuss des US-Senats hat am Dienstag die Anhörung von Deborah Lipstadt durchgeführt. Bereits im vergangenen Sommer hatte Präsident Joe Biden die Historikerin als Beauftragte seiner Regierung für den weltweiten Kampf gegen Antisemitismus benannt.
Doch wie bei anderen Nominierungen Bidens – darunter die neue US-Botschafterin in Berlin, Amy Gutmann – verzögerte sich Lipstadts Anhörung. Am Dienstagvormittag saß sie dann aber gemeinsam zusammen mit drei weiteren Kandidaten für Botschafterposten vor den Ausschussmitgliedern.
FÜRSPRECHER »Wir wollen, dass das eine überparteiliche Berufung wird. Die Welt soll wissen, dass Amerika in dieser Frage einig ist«, sagte der republikanische Senator Mario Rubio in seinem Eingangsstatement. Zuvor war vor allem in seiner Partei, die im Senat die Hälfte der Mitglieder stellt, Kritik an Lipstadt laut geworden. Diese, so einige Republikaner, habe sich vor allem auf Twitter »parteiisch« geäußert.
Die Stürmung des US-Kapitols im Januar 2021 durch Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte Lipstadt als rassistischen Akt bezeichnet. Ein Senator der Republikaner hatte sie daraufhin beschuldigt, »bösartiges Gift« zu verspritzen.
Jüdische Verbände hatten jetzt aber auf die schnelle Bestätigung der gebürtigen New Yorkerin gedrängt, um den vakanten Posten der Antisemitismusbeauftragten zu besetzen. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald S. Lauder, nannte Lipstadt eine »ideale Repräsentantin der USA bei der Bekämpfung des Antisemitismus weltweit.«
Auch die Organisation Christians United for Israel, eine konservative, vom Evangelikalen-Pastor John Hagee geführte Gruppe, die als einflussreich auf die Republikaner im Kongress gilt, sprach sich für die Historikerin aus. Deborah Lipstadt sei »die richtige Person zur richtigen Zeit für die Position der Sonderbeauftragten zur Überwachung und Bekämpfung von #Antisemitismus«, erklärte die Gruppe am Dienstag auf Twitter.
ANSCHLAG Ein Grund war der Terroranschlag auf die Synagoge in Colleyville in Texas vor einigen Wochen. Zu ihrer Anhörung im Senatsausschuss hatte Lipstadt Anna Salton Eisen von der dortigen jüdischen Gemeinde sowie deren 100-jährige Mutter, eine Schoa-Überlebende, eingeladen.
Lipstadt wird im März 75 Jahre alt. Seit 2014 ist sie Professorin für moderne jüdische Geschichte an der Emory-Universität in Atlanta. Sie hat viel über die Schoa, den Umgang der amerikanischen Medien mit dem Massenmord der Nazis an den Juden und die Leugnung des Holocaust publiziert.
Einem größeren Publikum bekannt wurde Lipstadt in den 90er-Jahren, als der britische Historiker David Irving sie wegen Beleidigung und Rufschädigung verklagte. Die Amerikanerin hatte Irving unter anderem als »gefährliches Sprachrohr der Holocaustleugner« bezeichnet und sah in ihm einen Bewunderer Hitlers. Im Jahr 2000 wurde die Klage aber zurückgewiesen; Lipstadt bekam in allen wesentlichen Punkten recht. Die Kontroverse wurde später verfilmt und kam 2016 in die Kinos.
In der Anhörung vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats ging es aber nicht um ihre wissenschaftliche Arbeit, sondern eher um ihre politische Einstellung. Lipstadt wehrte sich entschieden gegen die Unterstellung, sie sei parteiisch. Sie kritisiere alle, wenn sie antisemitische Tendenzen erkenne, unabhängig von der Person und deren politischer Zugehörigkeit, sagte sie den Senatoren.
»Menschen, die Antisemitismus nur auf der anderen Seite des politischen Spektrums erkennen, machen ihn zu einer Waffe.« Welche politischen Einstellungen jemand habe, sei im Kampf gegen den Judenhass völlig irrelevant. Sie habe aber gelernt, so Deborah Lipstadt entschuldigend, dass es nicht gut sei, mitten in der Nacht Tweets abzusetzen. Ihre Bestätigung durch den Senat gilt nach ihrem Auftritt gestern als sicher.