Am Ende verlief die Sache weitaus unspektakulärer, als viele angenommen hatten. Die mit Spannung erwartete vierte Ausgabe der Weltantirassismuskonferenz der Vereinten Nationen, im Fachjargon nur »Durban IV« genannt, fand am Mittwoch im UN-Hauptquartier in New York vor weitgehend leeren Rängen statt. Ein israelischer Beobachter spöttelte, es sei angesichts der Bilder aus New York fraglich, ob überhaupt ein Minjan zustande gekommen sei.
BOYKOTT Ein Grund dafür war, dass sich einige Regierungschefs per Video zuschalten ließen. Ein anderer der Boykott von insgesamt westlichen 34 Staaten, darunter auch Deutschland. Israel hatte dazu aufgerufen, dem Treffen, das zum 20. Jahrestag der ersten »Weltkonferenz gegen Rassismus« im südafrikanischen Durban abgehalten wurde, fernzubleiben.
Die erste Durban-Konferenz war überschattet von antiisraelischen und antisemitischen Auswüchsen. Im ursprünglichen Entwurf der Abschlusserklärung fand sich ein Passus, der die »rassistischen Praktiken des Zionismus« anprangerte und Israel vorwarf, »Rassendiskriminierung« zu praktizieren. Er wurde nach lautstarken Protesten und Druck seitens der USA und anderer Staaten am Ende gestrichen – doch Israel wurde als einziges Land in der Durban-Erklärung angeprangert.
ERFOLG Dass die Vereinten Nationen dennoch seitdem gleich drei Nachfolgeveranstaltungen organisiert haben, die sich explizit auf die Erklärung von 2001 beziehen, hat nicht nur in Israel Kopfschütteln ausgelöst.
Waren es bei der letzten Durban-Konferenz 2011 noch 14 Staaten, die die Veranstaltung boykottierten, stieg deren Zahl nun deutlich an. Israels UN-Botschafter Gilad Erdan sprach daher von einem »Erfolg Israels«. Das Fernbleiben vieler westlicher Staaten zeige, wie sich langsam die Einsicht ausbreite, dass die Durban-Konferenzen nichts zum Kampf gegen den Rassismus beitrügen. »Das Gegenteil ist der Fall, und deswegen vermeiden es die Länder, da hinzugehen,« so Erdan.
Zu den Ländern, die sich der Tagung verweigerten, gehörten neben Deutschland, Israel und den USA auch Australien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kanada, Kolumbien, Kroatien, die Niederlande, Rumänien, Tschechien, Ungarn und die Ukraine.
Im Konferenzraum kam es dann trotzdem zu scharfen Angriffen auf Israel. Der Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Riad al-Malki, warf Israel vor, es unterdrücke die Palästinenser mittels einer Form von »Apartheid-Kolonialismus«. Die Durban-Erklärung von 2001 sei ein klarer Aufruf zum Kampf gegen den Rassismus, so Malki weiter. »Wir lehnen die Entscheidungen einiger Staaten ab, die Konferenz angesichts ihrer edlen Absichten zu boykottieren«, erklärte er.
APARTHEID Der stellvertretende syrische Außenminister Faisal Mekdad verstieg sich zu der Behauptung, Israel sei »der letzte Ort auf der Welt«, an dem noch Apartheid herrsche, und warf Israel vor, auf den »besetzten Golanhöhen« eine rassistische Politik gegen Syrer zu verfolgen.
Die UN-Botschafterin von US-Präsident Joe Biden, Linda Thomas-Greenfield, wurde in einer Stellungnahme am Rande der Konferenz deutlich. »Die Vereinigten Staaten sind nach wie vor gegen die israelfeindliche und antisemitische Ausrichtung des Durban-Prozesses«, erklärte sie.
»Wir engagieren uns sehr für die Förderung von Rassengerechtigkeit und Gleichheit sowie für die Beseitigung von Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung in jedweder Form.« Das habe für sie und die Regierung in Washington »oberste Priorität«. Rassismus sei in jeder Gesellschaft ein Problem, so Thomas-Greenfield weiter, und jedes Land habe die Pflicht, ihn zu bekämpfen.
ABSCHLUSSERKLÄRUNG Im Sitzungssaal selbst sagte der Präsident der UN-Vollversammlung, Abdulla Shahid von den Malediven: »Wir haben als Weltgemeinschaft nicht genug getan, um gegen die Verbreitung von Rassismus, Rassendiskriminierung, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen.«
Im Mittelpunkt der Durban-IV-Konferenz in New York stand vor allem die Benachteiligung von Schwarzen. Die anwesenden Delegationen stimmten für eine Abschlusserklärung, in der die Schlussfolgerungen der Durban-Konferenz von 2001 bekräftigt wurden. Auch eine Zunahme von »rassistisch motivierter Gewalt, Gewaltandrohung, Diskriminierung und Stigmatisierung« gegen »Asiaten« während mit der Corona-Pandemie wurde beklagt. Dass auch der Hass auf Juden in dieser Zeit dramatisch angestiegen ist, erwähnte die Erklärung dagegen nicht.
Immerhin wurde in einer Passage, in dem das Thema Hassrede »mit großer Besorgnis zur Kenntnis genommen« wird, Antisemitismus als ein Beispiel für »Vorurteile gegenüber Personen aufgrund ihrer Religion oder ihres Glaubens« genannt.