Herr Meyer, zwei Berliner Sportfunktionäre wollen »Olympia neu denken« und haben eine gemeinsame Bewerbung von Berlin und Tel Aviv für die Spiele im Jahr 2036 ins Gespräch gebracht. Das Olympic Committee of Israel hat den Vorschlag begrüßt, Berlins Innensenator Geisel nannte ihn ein »starkes Zeichen für Frieden und Völkerverständigung«. Was sagen Sie?
In der Tat ist es ein Zeichen, und die grundsätzliche Idee gemeinsamer Spiele von Berlin und Tel Aviv kann ich nur positiv bewerten. Es ist ein Bekenntnis unseres starken Zusammenwirkens und unserer guten Beziehungen, aber ich glaube, die engen gesellschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel bedürfen nicht einer krampfhaften Geste.
Also gut gemeint, aber schlecht gemacht?
Ohne die Initiative mindern zu wollen, würde ich die deutsch-israelischen Beziehungen nicht auf diese Dezimalklassifikation, also nur auf diese 100 Jahre seit den Spielen unter dem NS-Regime in Berlin, herunterbrechen wollen. Es ist mittlerweile so viel mehr als das gemeinsame Gedenken, was die Freundschaft unserer beiden Länder ausmacht. Sicherlich muss das Gedenken an die Nazi-Spiele von 1936 bei den Olympischen Spielen 2036 einen zentralen Punkt einnehmen, doch egal, wie groß die Geste sein wird – es wird das historische Versagen, das Wegschauen der weltweiten Sportgemeinschaft vor den antisemitischen und rassistischen Zuständen im damaligen Deutschland, nicht vergessen machen. Dennoch glaube ich, dass diese Idee positiv gemeint ist, aber nicht ganz zu Ende gedacht wurde.
Hätten Sie sich vorher eine Art Konsultation gewünscht?
Makkabi Deutschland begrüßt ein solches Zeichen und die Intention. Aber bevor man so einen Gedanken äußert, sollte er im Vorfeld reifen. Dazu stehen wir immer als Gesprächspartner zur Verfügung. Sonst werden möglicherweise Hoffnungen geweckt, die dann nicht zu realisieren sind. Als deutsch-jüdischer Sportverband können wir jedoch die Idee der Austragung Olympischer Spiele in Deutschland und Israel nur begrüßen.
2015 fanden im Berliner Olympiapark die European Maccabi Games statt, von denen eine ganz konkrete Botschaft ausging.
Nämlich die der Schoa-Überlebenden Margot Friedländer, die sagte: »Dass ich das noch erleben darf« – also Spiele in Deutschland. Mit diesem Satz beantwortete Friedländer die Frage, ob man mit den Spielen nicht noch hätte warten sollen. Der Erfolg und die internationale Resonanz haben uns darin bestätigt, dass die Spiele zur rechten Zeit am rechten Ort stattgefunden haben.
Wie könnte an 1936 erinnert werden?
Es muss eine besondere Erinnerung geben, das ist klar. Es waren die Nazi-Spiele in Berlin. Wie diese Erinnerung aussehen soll, kann ich aktuell noch nicht sagen. Doch natürlich würden wir uns freuen, in die Gestaltung einbezogen zu werden.
Mit dem Präsidenten von Makkabi Deutschland sprach Katrin Richter.