Vor dem Rathaus Neukölln haben am Sonntagnachmittag etwa 300 Menschen gegen Antisemitismus in dem Berliner Bezirk demonstriert. Zu der Kundgebung unter dem Motto »Jüdisches Leben ist keine Provokation!« hatte das Bündnis gegen Antisemitismus Neukölln aufgerufen. Unter Befolgung von Abstandsregeln und Maskenpflicht versammelten sich die Teilnehmer auf dem Platz vor dem Rathaus.
Solidarität Die Mitglieder des Bündnisses gegen Antisemitismus Neukölln – ein Zusammenschluss aus Vertretern des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD), dem Mideast Freedom Forum Berlin und der Gruppe Ehrlos Statt Wehrlos – wollten mit der Kundgebung die »Stimme gegen Antisemitismus dort erheben, wo er uns alltäglich begegnet«, wie es im Aufruf hieß. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft, das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus sowie weitere jüdische Organisationen unterstützten die Kundgebung. Auch kurdische und iranische Exilgruppen erklärten sich solidarisch.
Auch bei der Demonstration »Internationalist Queer Pride for Liberation« am Neuköllner Hermannplatz kam es zu judenfeindlichen Vorfällen.
Das Bündnis gegen Antisemitismus fordert, dass jeglicher Antisemitismus als Hassverbrechen bestraft und Veranstaltungen, die Judenhass in Deutschland fördern, gestoppt werden müsse. Außerdem forderten die Organisatoren, dass jährlich zusätzlich 25 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt in Projekte gegen Judenhass fließen sollten.
Drohungen Der Berliner Bezirk Neukölln mit seinen rund 330.000 Einwohnern macht immer wieder wegen antisemitischen Vorfällen Schlagzeilen. Im Mai zum Beispiel war es am Rande einer israelfeindlichen Kundgebung auch zu Beleidigungen und Drohungen gegen Juden gekommen. Am Samstag beschimpften Teilnehmer einer Demonstration mit dem Titel »Internationalist Queer Pride for Liberation« vom Neuköllner Hermannplatz nach Kreuzberg Medienvertreter als »Zionistenpresse«.
Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD), erklärte: »Ich bin fest davon überzeugt, dass der Kampf gegen Antisemitismus immer ein Kampf für Demokratie ist«. Es dürfe nicht normal sein, dass Menschen mit Kippa oder Davidstern Angst vor Übergriffen haben müssen, sagte Hikel. »Offener Antisemitismus ist weder in Neukölln noch irgendwo anders in Berlin zu tolerieren.«
festnahmen Am Rande der Demonstration wurden zwei Männer wegen judenfeindlicher Parolen festgenommen. Wie die Polizei am Montag mitteilte, soll ein Autofahrer am Kundgebungsort vor dem Rathaus Neukölln aus dem Wagen heraus antisemitische Parolen gerufen haben. Ein Zeuge habe sich daraufhin vor das Auto des Tatverdächtigen gestellt und diesen an der Weiterfahrt gehindert.
Der 44-jährige Verdächtige wurde vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen, weil er unterschiedliche Angaben zu seiner Person machte und keine gültige Fahrerlaubnis besaß. Kurz vor Ende der Kundgebung habe sich ein weiterer Mann der Versammlung genähert und antisemitische Parolen gerufen. Einsatzkräfte nahmen einen 37-jährigen Verdächtigen noch in der Nähe fest. ja/epd
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