Berlin

Neuanfang verzweifelt gesucht

Das Jüdische Museum in Berlin-Kreuzberg Foto: imago/Schöning

Die Liste wurde immer länger. Erst hagelte es heftige Kritik am Konzept der Ausstellung Welcome to Jerusalem, dann folgte der Empfang des iranischen Kulturattachés, und letztendlich kam die mangelnde Distanz zur BDS-Bewegung hinzu – am Ende trat Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums in Berlin (JMB), zurück.

Für den Zentralrat der Juden in Deutschland war dieser Rücktritt unvermeidbar. »Es ist ein wichtiger Schritt, um weiteren Schaden von der Institution abzuwenden«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster auf Twitter.

NACHFOLGE Jetzt dreht sich alles um die Frage, wer Nachfolger wird und wie es konzeptionell weitergehen soll. Das JMB ist eine öffentliche Stiftung des Bundes, weshalb Kulturstaatsministerin Monika Grütters bereits eine Findungskommission einsetzen ließ, die gemeinsam mit dem Stiftungsrat nach Kandidaten Ausschau hält.

Judentum und Juden wurden thematisch an den Rand geschoben und gerieten zu Unterkategorien von »Migration«, »Diversität« und »Multikulturalität«.

Während Lea Rosh, Mitinitiatorin des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, auf diesem Posten unbedingt eine Jüdin oder einen Juden sehen möchte, ist dies für Schuster, Mitglied in der Findungskommission, nicht unbedingt zwingend. Für ihn zählt vor allem eines: »Das Jüdische muss mehr Einfluss haben.«

JUDENTUM Denn genau das kam in den vergangenen Jahren deutlich zu kurz. Judentum und Juden wurden in den Augen der Kritiker des Hauses thematisch immer mehr an den Rand geschoben und gerieten zu Unterkategorien in einem überwiegend von Buzzwords wie Migration, Diversität und Multikulturalität dominierten Diskurs. »Jede Krise hat ihr Gutes«, hofft der Historiker Michael Wolffsohn. »Jedermann erkennt jetzt: Nicht nur das JMB-Konzept muss neu und durchdacht entwickelt werden. Es ist vor allem höchste Zeit, dass nicht nur Deutschland und ›die‹ Deutschen Holocaust und jüdische Geschichte wieder judaisieren und sich nicht hinter unverbindlich Allgemeinem verstecken«, schreibt Wolffsohn im »Tagesspiegel«.

»Die Akademie muss vom Kopf auf die Füße gestellt und zu einem Ort werden, wo mit dem Judentum und dem Zionismus statt über sie diskutiert wird«, fordert Alan Posener in der »Welt«. Und der Publizist Michael Wuliger erhofft sich im Deutschlandfunk von einer neuen Leitung nicht nur, dass sie Ahnung von Judaistik und jüdischer Geschichte hat. »Ich finde, zur Kenntnis des Judentums gehört einfach auch ein Gefühl für die Befindlichkeit der jüdischen Gemeinschaft.«

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert