Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat eine Null-Toleranz-Politik bei Übergriffen radikaler Juden auf nichtjüdische Gläubige angekündigt. »Israel setzt sich voll und ganz für den Schutz des heiligen Rechts auf freie Religionsausübung und Pilgerreisen zu den heiligen Stätten aller Religionen ein«, sagte er laut Mitteilung seines Büros in einer Stellungnahme von Dienstag. Hintergrund sind erneute Spuckangriffe strengreligiöser Juden auf Christen in der Jerusalemer Altstadt.
In sozialen Netzwerken verbreitete Videoaufnahmen zeigten strengreligiöse Juden in der Jerusalemer Altstadt, die Christen und christliche Gebäude anspucken. Die Aufnahmen stammen demnach von Sonntag und Montag, als Zehntausende Juden zu Sukkot-Feiern in die Altstadt kamen.
»Einfach inakzeptabel« Auf X, früher Twitter, bezeichnete Netanjahu, abfälliges Verhalten gegenüber Gläubigen als »Sakrileg und einfach inakzeptabel«. Es werde keine Form von Feindseligkeit gegenüber Personen toleriert, die einen Gottesdienst abhalten.
Netanjahu bezog damit erstmals seit Antritt seiner Regierung im Januar Position zu dem Phänomen der Spuckangriffe durch radikale Juden, das nach Aussagen von Kirchenführern, Christen und Beobachtern in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen hat.
Auch der aschkenasische Oberrabbiner Israels, David Lau, verurteilte die Zwischenfälle laut Berichten israelischer Medien am Dienstag. Ein solch »abscheuliches« Verhalten dürfe in keiner Weise mit dem jüdischen Religionsrecht begründet werden.
Zuvor hatte der radikale israelische Siedleraktivist Elischa Jered, der unter Verdacht steht, einen palästinensischen Jugendlichen getötet zu haben, das Bespucken von Christen auf X als »einen alten jüdischen Brauch« gerechtfertigt.
Der israelische Tourismusminister Chaim Katz widersprach Jered. »Anstatt ein Licht für die Nationen zu sein, bringen die Aktionen einer Handvoll Extremisten Hass auf das Judentum und das jüdische Volk und schaden dem Image Israels und dem Tourismus«, sagte er laut Berichten in einer Erklärung von Dienstag. Auch der israelische Außenminister Eli Cohen betonte, dass das »hässliche Phänomen, Christen anzuspucken«, nicht den jüdischen Werten entspreche.
Deutliche Zunahme Kirchenführer beklagen seit langem die anhaltenden Übergriffe auf Christen durch radikale religiöse Juden, die seit Amtsantritt der gegenwärtigen rechtsnationalen Regierung deutlich zugenommen hätten. Zuletzt hatte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, vor Medien erklärt, die Übergriffe auf Christen durch radikale Juden seien Teil eines größeren Problems, »in der moderate Stimmen nicht gehört und die verschiedenen Extremismen der einzige Weg der Beziehungen werden«.
Seit Anfang des Jahres hat die Polizei laut Berichten 16 Ermittlungen wegen Vandalismus, Gewalt oder Belästigung von Christen oder gegen christliche Einrichtungen eingeleitet und 21 Verdächtige festgenommen. Es sei jedoch schwierig, die Angreifer anzuklagen, insbesondere diejenigen, die auf den Boden und nicht auf eine Person spuckten.
Ein Mitte Juni von Freiwilligen und Kirchenführern eingerichtetes Online-Datenzentrum für Betroffene verzeichnete zwischen dem 16. Juni und dem 24. September 42 gemeldete Übergriffe. Seit Jahresbeginn seien 80 Übergriffe bekannt, die Dunkelziffer liege jedoch vermutlich deutlich höher.