Die Stadt Dortmund soll Auskunft darüber erteilen, wie viele Juden in welchen Bezirken leben. Das fordert die Partei Die Rechte in einer Anfrage an den Stadtrat. Der Stadtratsabgeordnete Dennis Giemsch hatte Mitte Oktober einen entsprechenden Antrag gestellt, der bei der Sitzung am Donnerstag auf der Tagesordnung stand.
Giemsch fragte den Oberbürgermeister nach der Zahl der in Dortmund lebenden Juden sowie deren Wohnbezirke. Als Grund für seine Anfrage gab Giemsch, der Informatik an der TU-Dortmund studiert, an, es gehe ihm um einen »angemessenen Umgang mit allen Religionen« und deren Bedeutung für die Stadt. Die Information sei für die politische Arbeit seiner Partei »relevant«.
zentralrat Dieter Graumann, der Präsident des Zentralrats der Juden, zeigte sich empört: »Jeder müsste doch die wahre Motivation dieser durch und durch scheinheiligen Anfrage erkennen können: abscheulicher und perfider Antisemitismus.«
Dass Neonazis wissen wollten, wo und wie viele Juden in der Stadt lebten, erinnere ihn an »schlimmste Zeiten«. Wieder einmal zeige sich, dass Rechtsextreme nichts in deutschen Parlamenten zu suchen hätten. Er hoffe, dass von den demokratischen Parteien alles unternommen werde, »um einem solch widerwärtigen Menschenhass in ihren Reihen keinen Platz zu geben«.
staatsschutz Die Stadt Dortmund hat die Anfrage in der Ratssitzung zur Kenntnis genommen und wird sie an den Staatsschutz weiterleiten. Sollte sie rechtlich verpflichtet sein, sie zu beantworten, werde die Verwaltung versuchen, so wenige Informationen wie möglich an die Rechten weiterzugeben, heißt es.
Für Hanna Sperling, Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, ist die Anfrage ein Versuch, den in Dortmund lebenden Juden Angst einzuflößen: »Das ist eine neue Qualität. So etwas hat es im Nachkriegsdeutschland noch nie gegeben«, sagte sie der Jüdischen Allgemeinen.
Die aus der 2012 verbotenen Kameradschaft Nationaler Widerstand Dortmund hervorgegangene Partei Die Rechte tritt mehr als alle anderen rechtsgerichteten Organisationen offen antisemitisch auf. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) will die rechtsextreme Partei verbieten lassen und sammelt bereits Material für einen Verbotsantrag. Bislang wurde ein solches Verfahren allerdings noch nicht eingeleitet.