Der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke wird am Montag zum zweiten Mal in diesem Jahr wegen mutmaßlicher Verwendung von Nazi-Parolen vor Gericht stehen. Bei dem Verfahren vor dem Landgericht Halle geht es erneut um den Slogan »Alles für Deutschland« der Sturmabteilung (SA) der NSDAP.
Höcke soll die Parole einer Rede im thüringischen Gera im vergangenen Dezember erneut verwendet haben, obwohl zu diesem Zeitpunkt wegen derselben Parole bereits ein anderes Strafverfahren gegen ihn eröffnet worden war. Ihm wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen vorgeworfen.
Diesmal muss sich Höcke wegen einer Rede verantworten, die er am 12. Dezember 2023 hielt. Bei dem sogenannten »Bürgerdialog« der AfD soll er am Ende der Rede die Worte »Alles für« gerufen und dann das Publikum, vorwiegend Parteimitglieder und -anhänger, animiert haben, das Wort »Deutschland« zu ergänzen.
Freiheits- oder Geldstrafe
Der Thüringer Vorfall wird erneut vor dem Landgericht Halle verhandelt. Der AfD-Politiker wurde dort wegen der gleichen Parole bereits am 14. Mai zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt. Er hatte diese bereits auf einer Wahlkampfkundgebung der AfD im Mai 2021 in Merseburg in Sachsen-Anhalt verwendet.
Gegen das Urteil legten Höckes Anwälte Revision beim Bundesgerichtshof ein. Es ist noch nicht rechtskräftig.
Laut Staatsanwaltschaft wusste Höcke bei der Rede in Gera im Dezember, dass bereits wegen der gleichen SA-Parole ein Verfahren gegen ihn lief und dass die Verwendung des Slogans strafbar ist. Im Falle einer erneuten Verurteilung droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Nicht überzeugt
Er selbst bestreitet den Vorwurf ebenso wie im ersten Verfahren. Im April und Mai sagte Höcke vor dem Landgericht Halle, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass es sich bei dem Spruch »Alles für Deutschland« um eine verbotene SA-Parole gehandelt habe.
Den Vorsitzenden Richter Jan Stengel überzeugte diese Darstellung im ersten Verfahren nicht. In seiner Urteilsbegründung sagte er, auf den Bekanntheitsgrad einer NS-Parole komme es nicht an.
Die Verteidigung hatte zuvor argumentiert, dass die Formel »Alles für Deutschland« in der Öffentlichkeit kaum mit der SA in Verbindung gebracht werde und auch in anderen Kontexten verwendet worden sei, etwa in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg von sozialdemokratischen Organisationen.
Kurzfristiger Wechsel
Der Vorsitzende Richter betonte bei dem Verfahren, Höcke wisse, was er sage. Der AfD-Politiker habe deutlich gemacht, dass er derartige Parolen wieder verwenden wolle. Bei einer Freiheitsstrafe könnte Höcke das aktive und passive Wahlrecht verlieren.
Über den Vorwurf wegen der Rede von Gera sollte ursprünglich bereits im ersten Verfahren mitverhandelt werden. Das Gericht hatte zum Prozessauftakt Ende April jedoch entschieden, die Verfahren zu trennen. Grund sei ein kurzfristiger Wechsel des Verteidigers beim Angeklagten, hieß es zur Begründung.
Mutmaßliche Volksverhetzung
Höcke tritt am 1. September bei der Thüringer Landtagswahl als Spitzenkandidat der AfD an. Die Partei führt derzeit in Umfragen, obwohl der Landesverband als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde.
Andere Parteien schlossen eine Zusammenarbeit mit der AfD aus.
Auf den AfD-Politiker könnte in Kürze ein drittes Verfahren zukommen. Höcke muss sich vor dem Amtsgericht Mühlhausen in Thüringen wegen mutmaßlicher Volksverhetzung in einem »Telegram«-Post verantworten. Nach einer Gewalttat in Ludwigshafen im Oktober 2022 hatte er geschrieben: »Wahrscheinlich ist der Täter psychisch krank und leidet an jener unter Einwanderern weit verbreiteten Volkskrankheit, welche die Betroffenen Allahu Akbar schreien lässt.«