Befreiung

Nazi-Deutschland musste gleich zweimal kapitulieren

Nach der deutschen Kapitulation: tanzende sowjetische Soldaten Foto: picture alliance / akg-images

Gleich zweimal mussten die deutschen Generäle den Waffenstillstand und das Ende des Zweiten Weltkriegs beurkunden: Am 7. Mai 1945 unterzeichnete Generaloberst Alfred Jodl im Hauptquartier des US-Befehlshabers Dwight D. Eisenhower im französischen Reims die bedingungslose Kapitulation gegenüber den Westalliierten. Doch auch der misstrauische Josef Stalin wollte seinen Sieg schwarz auf weiß dokumentiert sehen.

In der Nacht zum 9. Mai besiegelte deshalb Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Chef des Oberkommandos der Wehrmacht im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst die deutsche Niederlage und das Ende des von Bismarck 1871 geschaffenen Deutschen Reichs.

Der Versuch der Nazis, auf Kosten von Millionen von Menschen Europa zu unterwerfen, ein totalitäres Regime aufzurichten und einen totalen Vernichtungsfeldzug gegen die Juden zu führen, war beendet. Für die Deutschen wurde der 8. Mai ein Tag zwischen Niederlage und Befreiung: Als Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 das Kriegsende als einen »Tag der Befreiung« charakterisierte, war das ein historischer Einschnitt der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Für Engländer, Franzosen und Amerikaner ist der 8. Mai der »Victory Day«. Die Sowjetunion feiert den Sieg mit großen Paraden auf dem Roten Platz. Die erste große Siegesparade fand am 24. Juni 1945 unter den Augen Stalins in Moskau statt. Dabei warfen Soldaten in einer symbolträchtigen Geste hunderte erbeuteter Fahnen der Wehrmacht, darunter auch die der Leibstandarte SS Adolf Hitler, auf das Straßenpflaster.

Schon 1943 hatten die Alliierten die bedingungslose Kapitulation Deutschlands gefordert; im Herbst 1944 überschritten russische und angloamerikanische Truppen erstmals die deutschen Grenzen. Seit am 26. April 1945 Amerikaner und Russen sich bei Torgau an der Elbe die Hände gereicht hatten und Hitler am 30. April während der Schlacht um Berlin im Führerbunker Selbstmord begangen hatte, klang das kriegerische Geschehen in Europa aus.

Der Frieden erreichte die Europäer je nach Lage der Front zu unterschiedlichen Zeiten. In Flensburg versuchte der von Hitler zum Nachfolger ernannte Großadmiral Karl Dönitz noch bis zuletzt, die Staatsgewalt zu erhalten und Russen und Angelsachsen gegeneinander auszuspielen. Die deutsche Wehrmacht kapitulierte in Raten - in Italien, in Holland, in Nordwestdeutschland. In den letzten Tagen gab es für die Soldaten nur noch ein Ziel: die Russen solange wie möglich hinzuhalten und den Angelsachsen in die Hände zu fallen.

Anders als 1918 wurde ganz Deutschland besetzt; die deutschen Truppen waren vollständig besiegt. Für eine neue Dolchstoßlegende bestand kein Anlass mehr. Rund zwölf Millionen deutsche Soldaten wanderten in Gefangenschaft; 14 Millionen Deutsche verloren ihre Heimat.

Noch monströser sind die Zahlen der Opfer des Krieges: In Europa und Asien kamen nach Schätzungen zwischen 60 und 80 Millionen Menschen ums Leben. Mit 17 bis 27 Millionen Toten, darunter 8 bis 9 Millionen Soldaten, hatte die Sowjetunion die meisten Opfer zu beklagen. Aber auch mehr als sechs Millionen Deutsche, darunter 5,1 Millionen Soldaten, verloren ihr Leben.

Zur besonderen moralischen Katastrophe Deutschlands wurde die Vernichtung eines Großteils der europäischen Juden, sechs Millionen Menschen. Die Filmbilder von den Konzentrationslagern und den meist jüdischen, sowjetischen und polnischen Opfern gingen um die Welt: Berge von Leichen, Massengräber und aufs Skelett abgemagerte Menschen in Häftlingskleidern enthüllten schrittweise das einzigartige Ausmaß der Todesmaschinerie der Nazis.

Mit dem Zweiten Weltkrieg endete auch eine Epoche europäischer Weltpolitik. Erstmals gelang es der Sowjetunion, ihren Machtbereich bis nach Mitteleuropa auszudehnen. Auch die USA, die sich nach dem Ersten Weltkrieg vom Kontinent zurückgezogen hatten, richteten sich widerwillig auf ein längeres Engagement ein. Gleichzeitig war der Grundstein dafür gelegt, dass England und Frankreich den größten Teil ihrer Kolonien verloren. Mit den im Frühjahr 1945 gegründeten Vereinten Nationen wurde der Versuch einer neuen Weltordnung gemacht.

Berlin

Als Berlin vor 80 Jahren vor der Roten Armee kapitulierte

Einschusslöcher sind bis heute an zahlreichen Berliner Häusern zu sehen. Sie erzählen von Straßenkämpfen und dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Rote Armee siegte - und der Frieden in Europa begann

von Nina Schmedding  24.04.2025

Tel Aviv

Bericht: Antisemitismus immer noch stärker als vor dem 7. Oktober

Insgesamt ist eine weltweite Welle des Antisemitismus laut einer Studie der Universität Tel Aviv im vergangenen Jahr etwas abgeflaut. Es gibt aber Ausnahmen

 24.04.2025

München

Vor 100 Jahren gründete Hitler die SS: Von Schlägern zu Massenmördern

Wie keine andere Organisation steht die Schutzstaffel für die monströsen Verbrechen des NS-Regimes. Als »Reichsführer-SS« wurde Heinrich Himmler zu Hitlers rechter Hand bei der »Endlösung der Judenfrage«

von Joachim Heinz  24.04.2025

Auschwitz

Ehemalige Hamas-Geiseln beim »Marsch der Lebenden«

Frühere Verschleppte nehmen gemeinsam mit Holocaust-Überlebenden teil. Dies soll die Resilienz des jüdischen Volkes symbolisieren

 24.04.2025

Washington D.C.

Rubio: Krieg gegen Iran könnte größeren Konflikt auslösen

Die USA verhandeln mit dem Regime in Teheran über dessen Atomprogramm. Der US-Außenminister sieht noch einen langen Weg bis zu einem Ergebnis

 24.04.2025

Weimar

Zwischen Halbmond und Hakenkreuz - Wie Muslime der Waffen-SS nach Buchenwald kamen

Ende 1944 erreichen das Konzentrationslager Buchenwald wenigstens zwei Transporte mit muslimischen Gefangenen. Die mehr als 100 Bosnier sind Angehörige der Waffen-SS und in ihrer Heimat desertiert. Bislang ist wenig über ihr Schicksal bekannt

von Matthias Thüsing  23.04.2025

Verschwörungstheorien

Gedenkstätte Auschwitz kämpft gegen Desinformation

Holocaust-Leugner verbreiten ihre Thesen vor allem über das Internet. Mit einer Online-Lektion will die Gedenkstätte im ehemaligen deutschen Konzentrationslager mit Verschwörungsmythen aufräumen

von Doris Heimann  23.04.2025

Schoa

Der erste Schritt zu den Gräueln des Holocaust

Vor 90 Jahren wurde in Dachau das erste Konzentrationslager der Nazis eingerichtet

von Johannes Senk  23.04.2025

80 Jahre nach der Befreiung

Streit um Gedenken in Bergen-Belsen

Die Kinder von Überlebenden werfen den Veranstaltern vor, sie zu boykottieren

 23.04.2025