Pfullingen und Kirchheimbolanden: In diesen süddeutschen Orten ist derzeit die umstrittene »Nakba«-Ausstellung zu sehen. Einmal in den Räumen der Stadtbücherei, einmal im Kreishaus, also jeweils in öffentlichen Gebäuden. Seit 2008 zieht die umstrittene Ausstellung, die die Gründung des Staates Israel 1948 als Katastrophe – so die deutsche Bedeutung des arabischen Wortes Nakba – darstellt, durch Deutschland.
Nun heißt es, der Verein »Flüchtlingskinder im Libanon«, der die Ausstellung konzipiert hat, dürfe sich über einen neuen Erfolg freuen: Das baden-württembergische Kultusministerium habe ihm attestiert, sein Werk stelle »einen Beitrag dar, die unterschiedlichen Positionen zum Nahostkonflikt zu illustrieren und der Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rufen«.
Beutelsbacher Konsens Im April hatte sich der Verein mit der Bitte, Schulen empfohlen zu werden, an das Ministerium gewandt. In der Antwort sei ihm geraten worden, er solle sich »direkt an die Schulen und Schulleitungen in Baden-Württemberg wenden«, sagt die Vereinsvorsitzende Ingrid Rumpf. Das Ministerium hingegen teilt mit, es habe in dem Antwortschreiben »keine Empfehlung ausgesprochen«, sondern darauf hingewiesen, dass Schulen, die sich mit dem Gedanken tragen, die Ausstellung zu zeigen, die Grundsätze des Beutelsbacher Konsens beachten müssen.
Dort wird vorgeschrieben, wie politische Bildung aussehen soll: Es ist beispielsweise nicht erlaubt, Schüler »im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln«, und wenn ein Sachverhalt kontrovers ist, müsse er auch so dargestellt werden, sonst sei »der Weg zur Indoktrination« beschritten.
Genau das werfen Kritiker der »Nakba«-Ausstellung vor: Zionisten werden beispielsweise durchweg als Aggressoren dargestellt, und dass nach 1948 Hunderttausende Juden aus ihren arabischen Heimatländern fliehen mussten, wird verschwiegen. Die Ausstellungsmacher ficht die Kritik nicht an. In einer Stellungnahme heißt es, die deutsche Schuld an der Schoa habe »dazu geführt, dass Gesellschaft, Politik und Medien ganz überwiegend das israelische Verständnis dieses Zeitabschnitts verinnerlicht haben«.
Und die Vereinsvorsitzende Rumpf sagt, »dass die Ausstellung gar nicht den Anspruch erhebt, eine beide Seiten gleichermaßen würdigende Ausstellung zu sein«. Sie wolle vielmehr das »palästinensische Narrativ« in den Vordergrund stellen.
proteste In 97 meist deutschen Städten war die Ausstellung, die mit Geldern der Stiftung »Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg« und des »Evangelischen Entwicklungsdienstes« finanziert wurde, bislang zu sehen. Nach Protesten jüdischer Gemeinden und Gruppen der Deutsch-Israelischen Gesellschaft wurde sie in Frankfurt/Main und Düsseldorf verhindert.
Zuletzt war sie in der Stadtbücherei von Konstanz-Überlingen zu sehen – trotz massiver Proteste der jüdischen Gemeinschaft. Im Dezember ist die Präsentation von »Nakba« in der Hamburger Auferstehungskirche und der Münchner Montessori-Fachoberschule geplant.