Mahmud Abbas war versöhnlich gestimmt. Eine große gemeinsame Aufgabe verkündete der amtierende Palästinenserpräsident jüngst anlässlich der Jubelfeiern zum 48. Geburtstag der Fatah in Gaza. Da die Hamas der Fatah ebenso wie umgekehrt die Fatah der Hamas im Dezember im Westjordanland eine öffentliche Jubiläumsdemo erlaubt hatte, scheint der Frieden nahe zwischen zwei Konfliktparteien, deren Anhänger noch vor fünf Jahren einander von Hochhäusern geworfen hatten. Fehlt nur noch Frieden mit den Israelis, aber so versöhnlich war Abbas dann doch nicht. Die gemeinsame Aufgabe, die er formulierte, lautete vielmehr: Jerusalem befreien.
radikalisierung Dass »befreien« eine gängige Verharmlosung für »erobern« ist und welches Echo es gäbe, wenn Benjamin Netanjahu die Befreiung Hebrons fordern würde, weiß jeder. Das Attribut »moderat« würde jedenfalls im Zusammenhang mit dem Likud nicht mehr fallen. Da die Hamas unter allen Radikalen aber eine Spur radikaler ist, darf die Fatah das Etikett behalten. Zumal die Radikalisierung der palästinensischen Gesellschaft, von den westlichen Geldgebern unbemerkt, weitergeht – dabei genügte ein Blick in eine von der Konrad-Adenauer-Stiftung diese Woche verbreitete Umfrage. 41 Prozent der Palästinenser befürworten inzwischen eine dritte Intifada, 60 Prozent bevorzugen im Umgang mit Israel die – gewaltsame – Strategie der Hamas.
Das Geburtstagskind positioniert sich entsprechend. Zur Feier des Tages verwendete die Fatah ein Logo, auf dem die Umrisse des Landes zu sehen waren, das die »Gemäßigten« als ihr Territorium betrachten: ganz »Palästina« vom Mittelmeer bis zum Jordan. Wo genau da der Platz für den Staat Israel bleibt, neben dem in Frieden und Sicherheit zu leben die Fatah gerade noch ihren Genossen von der SPD in einem gemeinsamen Strategiepapier versprochen hatte, ist eine spannende Frage. Der kritische Journalist Jakob A. könnte die Antwort ja mal recherchieren.
Der Autor ist Chef vom Dienst beim »Kölner Stadt-Anzeiger«.