Ein halbes Jahr nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel und dessen Militäroffensive im Gazastreifen ist die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland leicht rückläufig, dennoch bleibt der Antisemitismusbeauftragte besorgt.
»Die Zahl der antisemitischen Straftaten, die im vierten Quartal 2023 auf ein Rekordniveau gestiegen war, ist in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres wieder etwas zurückgegangen«, bilanzierte der Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Genaue Zahlen lägen noch nicht vor. Die Stimmung sei aber immer noch sehr stark gegen Israel eingestellt. Das »Klima der Angst ist immer noch da«, betonte Klein.
Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Deutschland war nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober drastisch gestiegen. Allein im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt verzeichnete das Bundeskriminalamt (BKA) bis zum 21. Dezember mehr als 1100 Delikte in seinem Melderegister für Fälle politisch motivierter Kriminalität, wie das BKA im Dezember mitgeteilt hatte. Das waren etwa doppelt so viele wie in jedem anderen der ersten drei Quartale dieses Jahres. Zeitgleich war auch die Zahl antimuslimischer Vorfälle gestiegen.
Es handelte sich bei den Vorfällen gegen Juden vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen. »Zum Glück ist der Angriff auf den jüdischen Studenten an der Freien Universität Berlin in dieser extremen Form ein Einzelfall geblieben«, sagte Klein weiter. Nach dem Angriff war der 30-jährige Lahav Shapira mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen »propalästinensischen« Kommilitonen deutscher Staatsangehörigkeit wegen gefährlicher Körperverletzung und ordnen den Fall der Hasskriminalität zu. Wann die Ermittlungen abgeschlossen werden, ist nach Angaben der Behörde unklar.
Jüdischer Student in Berlin krankenhausreif geschlagen
In der Hauptstadt hatte es seit dem Terrorangriff auf Israel zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationen gegeben, insbesondere propalästinensische. Dabei kam es vor allem in den ersten Wochen nach den Massakern an Israelis immer wieder zu Zusammenstößen mit der Polizei oder auch zu Gewalttätigkeiten. Der Berliner Staatsanwaltschaft liegen aktuell rund 680 Verfahren im Kontext mit dem Gaza-Krieg vor.
Davon geht es in etwa 130 Fällen um Straftaten bei Demonstrationen zu dem Nahost-Konflikt, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft auf Anfrage mitteilte. In 209 Fällen seien die Namen der Beschuldigten bekannt. Anklage erhoben hat die Staatsanwaltschaft bislang nach eigenen Angaben achtmal. In 16 Fällen soll es durch einen Strafbefehl zur Verurteilung kommen, also ohne mündliche Verhandlung vor Gericht.
Die Verurteilung eines 25-Jährigen, der sich im Oktober 2023 im Rahmen einer Demonstration an Ausschreitungen beteiligt war, ist laut Staatsanwaltschaft unterdessen rechtskräftig. Das Amtsgericht Tiergarten hatte im vergangenen November gegen ihn wegen schweren Landfriedensbruchs eine Bewährungsstrafe von acht Monaten verhängt.
Es war der erste Prozess in Berlin nach Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei bei Protesten im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg. dpa