Debatte

Nach Eklat in Darmstadt: Felix Klein vermisst hassfreien Raum für palästinensisches Leid

Felix Klein ist Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und Geiger. Foto: picture alliance / Jörg Carstensen

Nach dem Eklat wegen israelfeindlicher und antisemitischer Slogans auf dem Weihnachtsmarkt der Darmstädter
Michaelsgemeinde am vergangenen Wochenende hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, mehr
Differenzierung gefordert.

Der Vorfall in Darmstadt zeige ein grundlegendes Problem, sagte er am Freitag: »Das verständliche Anliegen, das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung anzumahnen, hat in unserer Gesellschaft nahezu keinen Raum, da es von Israelhassern vereinnahmt wird.«

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Genau das sei auch in Darmstadt geschehen, sagte Klein. Auf dem
»Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt« der Gemeinde waren von einer »propalästinensischen« Gruppe Produkte angeboten worden, die
unter anderem das Kennzeichen der verbotenen Terrororganisation
Hamas, das rote Dreieck, oder den Slogan »From the river to the sea«
(»Vom Fluss bis zum Meer«) zeigen, der auch als Code für die von der
Hamas angestrebte Auslöschung Israels genutzt wird.

»Statt ›Frieden‹ wurde die Vernichtung Israels propagiert und Devotionalien einer mörderischen Terrororganisation verkauft«, sagte Klein. Das sei nicht nur unehrlich, sondern verabscheuungswürdig. Dies gelte auch dafür, dass der Gemeindepfarrer nun Morddrohungen erhalte. »Was wir als Gesellschaft brauchen, ist die Rückkehr zu einem differenzierten und unideologischen Diskurs«, sagte Klein.

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Die evangelische Landeskirche hatte am Donnerstag angeordnet, dass
Pfarrer Manfred Werner die Amtsgeschäfte vorübergehend nicht mehr ausübt. Werner begrüßte dies im Gespräch: Er habe Morddrohungen per Telefon und SMS erhalten und müsse seine Familie schützen. Am Freitag wurde aus dem Kirchenvorstand bekannt, dass das für die Organisation des Weihnachtsmarktes verantwortliche Mitglied des Kirchenvorstands, ein
ehrenamtlicher Mitarbeiter, zurückgetreten sei.

Der Kirchenvorstand habe berichtet, dass er von der teilnehmenden
Gruppe »Darmstadt4Palestine« hintergangen worden sei, sagte Werner. Es habe die klare Absprache gegeben, dass Teilnehmer nichts
auslegen dürften, was den Charakter der Gemeindeveranstaltungen als
Dialogforum stört.

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Die Gruppe habe den Markt für ihre Zwecke missbraucht. Er und die Gemeinde lehnten Rassismus und Antisemitismus strikt ab. Durch den Vertrauensbruch werde die Gemeinde in eine antisemitische Ecke gestellt, gegen die sie sich immer gewandt habe.

Der Pfarrer hatte bereits zuvor in einer auf der Homepage der Gemeinde veröffentlichten Stellungnahme um Entschuldigung gebeten.

Inzwischen hätten Künstlerinnen und Künstler, beispielsweise die israelische Klarinettistin Irith Gabriely, ihm ihre Solidarität ausgesprochen.

Der Staatsanwaltschaft liegen mehrere Strafanzeigen gegen die Gemeinde vor, unter anderem von der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, dem
Hessischen Antisemitismusbeauftragten und der Evangelischen Kirche in
Hessen und Nassau. »Wir werden in jeder Hinsicht mit der Staatsanwaltschaft kooperieren«, versprach Werner. epd

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