In der vergangenen Woche wurde es eng in dem Kölner Fernsehstudio, in dem jahrelang die »Harald Schmidt Show« aufgezeichnet wurde. Das gesamte Bochumer Symphonieorchester drängelte sich mit 60 Musikern auf der kleinen Bühne, auf der sonst Solisten und Bands aufspielten. Doch an diesem Dienstag traten die Bochumer Symphoniker unter ihrem Generalmusikdirektor Steven Sloane in der Show auf, die von Sat.1 abgesetzt wird – am 3. Mai läuft sie zum letzten Mal. Auch das war für Schmidt an diesem Abend ein Anlass für Witze: »Eng ist es hier mit der vergrößerten Band, aber keine Angst: Bis zum Ende der Sommerpause wird unser Studio vergrößert.«
Schmidt kalauerte auch über das Orchester, das sich »BoSy« nennt, schon Mozart habe für dieses Orchester eine Oper geschrieben, nämlich »BoSy fan tutte«. Und Schmidt ließ es sich nicht nehmen, ein paar Takte von Figaros Hochzeit selbst zu dirigieren. Die Entertainerin Anke Engelke sang mit den BoSys.
quote Bei vielen Kritikern des Feuilletons flammte ihre alte Liebe zu Harald Schmidt wieder auf: Er habe mit seinem Auftritt als Dirigent an Loriot erinnert. Und damit kurz vor seinem Rauswurf noch einmal gezeigt, dass er für intelligentes Fernsehen stehe. 1995 war die Schmidt-Show bei Sat.1 gestartet. Miserable Quoten sorgten nun für das Aus.
Für Schmidt ist die klassische Musik kein unbekanntes Terrain. Bevor er Schauspieler und Kabarettist wurde, hatte er als Kirchenmusiker gearbeitet, und auch später hat Schmidt in seiner Sendung gerne Anleihen bei dem genommen, was als gehobene Kultur gilt.
Viel Vorarbeit also für den großen Auftritt der BoSys. Deren Generalmusikdirektor Steven Sloane wechselte während der Sendung kurzzeitig hinter Schmidts Schreibtisch und nutzte die Gelegenheit, für den Bau des Musikzentrums in Bochum zu werben. Das in der Stadt umstrittene Projekt eines eigenen Hauses für die BoSys braucht noch dringend Spenden in Millionenhöhe.
tel aviv Dass Steven Sloane und Harald Schmidt gemeinsam im Fernsehen auftreten, ist eine Besonderheit. Dass sie zusammen auf einer Bühne stehen, hat mittlerweile Tradition. Sloane, der aus Los Angeles stammt und als Dirigent nach Stationen in New York, Tel Aviv und Frankfurt seit 1994 in Bochum als Generalmusikdirektor tätig ist, lernte den Talkmaster während einer Radiosendung kennen.
Danach begann eine bemerkenswerte Zusammenarbeit: Im November vergangenen Jahres gab es im Bochumer RuhrCongress die »BoSy-Schmidt-Show«, eine Adaption der TV-Show, nur eben mit einem Symphonieorchester. Im Februar führte Schmidt durch einen »Figaros-Hochzeit-Abend« und im März moderierte er eine »Faust-Collage«. Den vorläufigen Abschluss der Zusammenarbeit zwischen Steven Sloane und Harald Schmidt wird ein Familienkonzert der Bochumer Symphoniker im Juni in der Ruhr-Universität bilden.
Dass Sloane ein weiteres Mal, wenn auch nur für kurze Zeit, Schmidts Job als Moderator in seiner TV-Show übernehmen wird, ist äußerst unwahrscheinlich. Aber vielleicht hat Sloane mit dem denkwürdigen Gastauftritt in der Show einen Hinweis gegeben, wie es mit Harald Schmidt weitergehen könnte – auf klassischen Bühnen vielleicht. Schmidt jedenfalls sah in der großen Show mit Sloane und den BoSys auch eine »Vorlage für alle Blogger und die Lokalpresse«. Die hätten jetzt ihre Schlagzeile: »Schmidt geht unter mit Pauken und Trompeten.«