USA/Russland

»Moskau manipuliert Holocaust für seine Propaganda«

Wird von Russland gezielt antisemitisch diffamiert: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (hier bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken im April) Foto: IMAGO/ZUMA Press

Das US-Außenministerium hat am Montag scharfe Kritik an Russlands Rechtfertigung für den Ukraine-Krieg geübt und Moskau nicht nur Geschichtsklitterung, sondern auch das vorsätzliche Verbreiten antijüdischer Vorurteile vorgeworfen.

Mit der Beschwörung des Nationalsozialismus und der Schrecken des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts hoffe der Kreml, die Ukraine in den Augen der russischen Öffentlichkeit und der Welt zu delegitimieren und zu dämonisieren. Er versuche sogar, mit Nazi-Slogans Propaganda zu betreiben. In einer auf der Website des State Department veröffentlichten Stellungnahme heißt es, Russland manipuliere die internationale öffentliche Meinung, indem es »falsche Parallelen zwischen Moskaus Aggression gegen die Ukraine und dem sowjetischen Kampf gegen Nazi-Deutschland« ziehe.

DIFFAMIERUNG Dabei schrecke Moskau auch nicht vor der Diffamierung des jüdischen Staatspräsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, zurück. Der Kreml behaupte, die schlimmsten Nazis seien in Wahrheit Juden gewesen, und versuchte somit, die Bedeutung des Antisemitismus in der Nazi-Ideologie herunterzuspielen. Mehr als 140 renommierte Historiker hätten die russische Desinformationskampagne bereits zurückgewiesen, so das Papier des Außenministeriums in Washington, das namentlich nicht gekennzeichnet war.

Im Mai hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow auf die Frage eines italienischen Journalisten nach Selenskyjs jüdische Herkunft geantwortet, auch Adolf Hitler habe »jüdisches Blut« gehabt und hinzugefügt, dass angeblich »kluge jüdische Menschen sagen, dass die eifrigsten Antisemiten für gewöhnlich Juden sind«. Nach scharfer Kritik aus Israel legte das russische Außenministerium nach und beschuldigte Israel, »unhistorische Aussagen« zu machen und das angebliche »Neonazi-Regime in Kiew« zu unterstützen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Laut State Department fruchtet die Propagandastrategie des Kreml außerhalb des eigenen Landes aber eher schlecht als recht. Der russische Geheimdienst FSB sei jüngst zu dem Schluss gekommen, die Behauptung der »Entnazifizierung« nur unzureichend unterstützt habe, und habe empfohlen, eine massive Streuung von Behauptungen, ukrainische Nationalisten hätten Kinder in der Ostukraine gezielt getötet. Außerdem, so das State Department mit Verweis auf den ukrainischen Geheimdienst, habe der FSB empfohlen, ein »Netzwerk von Propagandisten« zu schaffen, einschließlich des Einsatzes inszenierte Videos mit russischen und ukrainischen Kriegsveteranen, in denen diese Russland auffordern, »den Faschismus in der Ukraine zu stoppen«.

DESINFORMATION Schließlich empfahl der FSB noch, »antifaschistische« Frontgruppen zu gründen und die Europäische Union mit Desinformationen zu bombardieren, in denen unter anderem behauptet wird, das Leben in Europa verschlechtere sich aufgrund der Unterstützung für ukrainische »Nazis«.

»Präsident Putin und sein Desinformations- und Propagandaapparat nutzen die historische Erinnerung an den sowjetischen Kampf gegen Nazideutschland aus, um einen Vorwand für ihren nicht provozierten, brutalen Krieg gegen die Ukraine zu erfinden. Für seine räuberischen Ziele nutzt der Kreml das Leid und die Opfer all jener aus, die den Zweiten Weltkrieg erlebt und den Holocaust überlebt haben«, schlussfolgert das Papier des US-Außenministeriums. Damit lenke der Kreml von den weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Antisemitismus ab und propagiere stattdessen »eine der heimtückischsten Formen des Antisemitismus, die Verdrehung des Holocaust«.

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

7. Oktober

Einigung auf Geisel-Deal zum Greifen nahe 

Ein Drei-Stufen-Plan sieht Medien zufolge die Freilassung von Geiseln sowie palästinensischen Häftlingen vor. Das Weiße Haus gibt sich optimistisch, dass bald ein Deal stehen könnte

von Julia Naue  13.01.2025 Aktualisiert