Der Kölner Strafrechtler Cornelius Nestler kritisiert die Arbeit der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg (Baden-Württemberg). »Die Rechtslage war immer schon so, dass Ludwigsburg und die Staatsanwaltschaften längst vorher hätten tätig werden können und müssen«, sagte Nestler der Jüdischen Allgemeinen.
prozess Nach Angaben der »tageszeitung« (taz) ermittelt die Zentrale Stelle derzeit gegen mehr als 40 ehemalige Wachmänner im Vernichtungslager Auschwitz wegen Beihilfe zum Mord. Schon ab September sollen die Vorgänge an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften übergeben werden. Als Erstes soll im September in Stuttgart Anklage gegen Hans Lipschis erhoben werden. Der heute 93-jährige frühere SS-Mann soll in Auschwitz an der Ermordung von über 9000 Menschen beteiligt gewesen sein.
Nach Angaben der taz will die Staatsanwaltschaft in Dortmund bis zum Ende des Jahres 2013 darüber entscheiden, ob gegen drei Beteiligte des Massakers der SS im französischen Oradour 1944 Anklage erhoben wird.
mythos Nestler kritisiert in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen, dass die Ermittlungen und Anklagen erst jetzt erhoben werden. Die immer gegebene Begründung, dass es eines konkreten und individuellen Tatnachweises bedurft hätte – eine Rechtsprechung, die erst durch das Urteil gegen den KZ-Wärter John Demjanjuk geändert worden sei –, nennt Nestler »einen Mythos«: Bereits in den 60er-Jahren habe es Verfahren gegeben, sagt der Jurist, »in denen Mitglieder von Wachmannschaften wegen Beihilfe zum Mord allein deswegen verurteilt wurden, weil sie zur Wachmannschaft gehörten. Denn die haben ja die Mordmaschinerie am Laufen gehalten«.
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