Meinung

Mörderisches Museumsstück

Cilly Kugelmann Foto: dpa

In München, in einem Depot des Bayerischen Nationalmuseums, wurde eine Guillotine gefunden, mit der vermutlich auch die Geschwister Scholl ermordet wurden. Nun hebt die Diskussion an, ob man ein solches NS-Tötungswerkzeug präsentieren darf.

Ein Museum ist kein Originalschauplatz; es ist ein künstlicher Raum, in dem Objekte gezeigt werden, die nicht mehr in ihrem originalen Verwendungszusammenhang stehen. Ein Hinrichtungsgerät an seiner alten Stelle entfaltet eine andere Wirkung als in einem Museum. Hier werden die Objekte neu interpretiert und kontextualisiert.

objekt Eine Guillotine wäre ein sinnvolles Objekt in einer Ausstellung, die es meines Wissens noch nicht gegeben hat: einer Kultur- und Sozialgeschichte der Todesstrafe. Hier könnte sie als Teil der Entwicklung von Hinrichtungen stehen, von der Kreuzigung bis zur Todesspritze, von der öffentlichen Zurschaustellung des Vollzugs bis zur geschlossenen Vollstreckung der Todesstrafe, etwa durch Strom.

Hier könnte man viele Aspekte thematisieren, etwa die Hierarchie der Tötungsmethoden, die für Offiziere das »Privileg« des Erschießens vorsah, während das gemeine Volk gehängt wurde. Die Guillotine galt zur Zeit der Französischen Revolution als egalitär: König und Volk wurden damit gleichermaßen geköpft.

Auch in einer Ausstellung über das Leben von Hans und Sophie Scholl wäre die Präsentation einer Guillotine vielleicht sinnvoll oder zumindest vertretbar. Hier wäre sie der Endpunkt ihrer Geschichte in einem Regime, das den Mord zum politischen Herrschaftsinstrument machte.

schau Aber schon an diesem Beispiel zeigen sich die Probleme: Wenn die Schau etwas erzählen möchte über die Motivation der Geschwister Scholl, über ihr politisches und moralisches Urteil über die Nazis, über ihr Umfeld, die Beziehungen zur Münchner Bevölkerung, ihre Reaktionen nach der Inhaftierung, was sagt dann eigentlich die Guillotine darüber aus? Vermutlich wenig, vielleicht sogar überhaupt nichts.

Wenn aber eine Tötungsmaschine ohne jeden Zusammenhang gezeigt wird, dann liegt der Verdacht nahe, mit einem Gruselkabinett konkurrieren zu wollen. Daher lässt sich die Frage, ob eine Guillotine in ein Museum gehört, nur aus dem intendierten Zusammenhang heraus beantworten. Das gilt übrigens für die anderen Objekte dort auch.

Die Autorin ist Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Schleswig-Holstein

Polizei nimmt weiteren Hamas-Terroristen fest

Mahmoud Z. soll ein Sturmgewehr, acht Pistolen und mehr als 600 Schuss Munition für Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen organisiert haben

 13.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten klettern auf Brandenburger Tor

Oben angelangt entrollten sie ein Banner, auf dem sie Israel Völkermord vorwarfen

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025

Entscheidung

Waffen an Israel: Berliner Gericht weist Klagen ab

Sechs überwiegend in Gaza wohnende Personen klagten in zwei Fällen gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Das Berliner Verwaltungsgericht sieht die Klagen als unzulässig an

 13.11.2025

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025