Meinung

Mizwa für die Schlecker-Frauen

Die Budge-Stiftung zeigt Wege auf, wie die Arbeitslosigkeit mit Würde verlassen werden kann

von Jürgen Richter  09.07.2012 16:59 Uhr

Jürgen Richter Foto: Rafael Herlich

Die Budge-Stiftung zeigt Wege auf, wie die Arbeitslosigkeit mit Würde verlassen werden kann

von Jürgen Richter  09.07.2012 16:59 Uhr

Immer wenn Managementfehler und besonders skrupellose Formen gierigen Wirtschaftens kurzfristig größere Zahlen von Menschen um ihre Arbeit bringen, kommt mit schöner Regelmäßigkeit aus der Politik der »gut gemeinte« Vorschlag, die Betroffenen in der Altenpflege oder der Kindererziehung unterzubringen. Auch bei den Mitarbeiterinnen der insolvent gegangenen Drogeriekette Schlecker und wohl sehr bald auch bei den, in Kürze dann ehemaligen, Neckermann-Beschäftigten ließ und lässt dieser Vorschlag nicht lange auf sich warten.

Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften reagieren wenig enthusiastisch und eher skeptisch auf diese, zumindest gefühlte, Geringschätzung der fachlichen Voraussetzungen und der Motivation der Menschen, die in diesen wichtigen und qualitativ anspruchsvollen Tätigkeitsfeldern beschäftigt sind. Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, sagt beispielsweise, dass sich »die Erziehung von kleinen Kindern und die Pflege Hilfsbedürftiger weder für arbeitsmarktpolitische Zwangsmaßnahmen eignen noch dafür, ungelernte Kräfte einzusetzen«.

Chancen Das Frankfurter Forum für Altenpflege (FFA) sowie die Henry-und-Emma-Budge-Stiftung, ein jüdisch-christliches Wohn- und Pflegezentrum mit hoher Reputation, haben sich gleichwohl entschieden, auf die Betroffenen, zumeist Frauen, zuzugehen und diese gemeinsam mit Lehranstalten der Altenpflege und der Agentur für Arbeit über die Perspektiven und Chancen einer fachlichen Qualifizierung und einer neuen beruflichen Tätigkeit in der Altenpflege zu informieren. Dieser Ansatz unterscheidet sich deutlich von der schnellen Massenzuweisung arbeitsloser Menschen in die Sozialberufe. Das gemeinsame Los der Arbeitslosigkeit ist eben nicht die Voraussetzung, sich qualifiziert in der Altenpflege zu engagieren. Vielmehr erhalten die Frauen hier ihr individuelles Profil zurück, das sie für einen solchen Berufsweg brauchen.

Der Ansatz des FFA und der Budge-Stiftung nimmt die Betroffenen ernst, weil es nicht um die schnelle Unterbringung der Frauen in wiederum schlecht bezahlten Hilfsjobs geht, sondern weil sie auf der Basis genauer Informationen eine persönliche und motivierte Entscheidung für einen neuen und qualifizierten Berufsweg treffen können. In diesem Sinne werden aus Schlecker-Frauen im Sinne einer doppelten Mizwa, Menschen, die uns helfen, das Gebot der Elternehrung durch qualifizierte Pflege zu erfüllen, und denen wir gleichzeitig eine sinnstiftende, qualifizierte berufliche Perspektive vermitteln können. Besser kann »Win-win« nicht aussehen.

Der Autor ist Vorsitzender des Landesausschusses der Jüdischen Gemeinden in Hessen und Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Frankfurt/Main.

Washington D.C./Jerusalem

USA liefern Bomben nach Israel

Der Deal hat einen Wert von 680 Millionen Dollar (646 Mio. Euro).

 03.12.2024

Berlin

Bundestagsabgeordnete gründen Makkabi-Fanclub

Bei der offiziellen Auftaktveranstaltung zur Fanclub-Gründung am Mittwochmorgen im Bundestag wird auch der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer, erwartet

von Stefan Meetschen  03.12.2024

Leipzig

Nach Absage von Vortrag: Uni Leipzig betont Freiheit der Wissenschaft

Gleichzeitig wird die Universität von zahlreichen Organisationen kritisiert

 03.12.2024

Hanau/Frankfurt am Main

Kommt ein ehemaliger KZ-Wachmann (100) doch vor Gericht?

Gregor Formanek müsste sich wegen Beihilfe zum Mord in 3.300 Fällen verantworten

 03.12.2024

«eXit»

Antisemitismus: Dutzende Autoren verlassen das frühere Twitter

Der Kurznachrichtendienst sei »toxisch« geworden, heißt es in einem offenen Abschiedsbrief

 03.12.2024

Berlin

AfD will sich von »Junger Alternative« trennen

Eine neue Jugendorganisation soll die als rechtsextremistisch eingestufte, alte Gruppierung ablösen

 03.12.2024

Nahost

Trump fordert von Hamas Freilassung der Geiseln - und stellt ein Ultimatum

Gerade erst hat das israelische Militär den Tod einer weiteren Hamas-Geisel bekanntgegeben. Da greift der künftige US-Präsident Trump in die Tasten - und setzt der Terrororganisation eine Frist

von Julia Naue  02.12.2024

Meinung

Die Universität Leipzig kuscht vor BDS-Anhängern

Die Absage eines Vortrags des Historikers Benny Morris legitimiert die Erpresserlogik israelfeindlicher Gruppen

von Chris Schinke  02.12.2024

Essay

Frieden ist möglich

Als junger Mann war unser Gastautor Ahmad Mansour Islamist. Heute glaubt er an eine Aussöhnung in Nahost. Zugleich ist er überzeugt: Die Pro-Palästina-Bewegungen im Westen sind ein Hindernis auf dem Weg dorthin

von Ahmad Mansour  02.12.2024