Kein »Bequemer«, sondern ein Mahner. Trefflicher lässt sich Heinz Galinski wohl kaum charakterisieren. Ob als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin oder später des Zentralrats der Juden in Deutschland – Heinz Galinski hat sich nie gescheut, den Finger in die Wunde zu legen und sich öffentlich für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland einzusetzen. Er hat politische Missstände beim Namen genannt und unermüdlich für die Rechte der Schoa-Überlebenden gekämpft.
wegbereiter Er, der selbst durch die Hölle von Auschwitz gegangen war, der dort seine Mutter und erste Ehefrau verlor, hat mit einer Lebenskraft und einer Zuversicht, die wir bis heute bewundern, den Neuanfang im Nachkriegsdeutschland gewagt, für ihn persönlich und als Wegbereiter für eine neue jüdische Gemeinschaft in Deutschland. Mit unbändigem Lebenswillen und grenzenloser Courage ging er ans Werk und gab damit den kleinen, von den Nazis fast ausgerotteten jüdischen Gemeinden in Deutschland wieder Zuversicht und neue Hoffnung.
Heinz Galinski hat sich dabei nie einschüchtern lassen. Der Wunsch nach einer wieder blühenden jüdischen Gemeinschaft hierzulande war ihm immer Herzenssache, in der er sich nicht beirren ließ. Ob es alltägliche Feindseligkeiten, zwei verhinderte Bombenattentate auf seine Person oder die Frustration des langwierigen Aufbauprozesses waren, Heinz Galinski hat sich nie von seinem Weg abbringen lassen – einem Weg, den wir auch heute noch entschlossen gehen.
wiederaufbau Wofür hat Heinz Galinski also gekämpft? Wofür hat er gelebt? Er hat an den Wiederaufbau jüdischen Lebens in Deutschland geglaubt – und hart dafür gearbeitet, ja sein ganzes Leben nach dem Krieg in den Dienst dieser Sache gestellt. Er hat gekämpft für finanzielle Entschädigung der Schoa-Opfer, gegen die Schlussstrich-Mentalität, die sich zusehends breit machte. Als sich so viele hier mit der PLO solidarisierten, stand er stets unerschütterlich fest an der Seite Israels. Schändungen jüdischer Friedhöfe, offener und versteckter Antisemitismus – Heinz Galinski erhob laut und vernehmlich seine Stimme.
Es sind die gleichen Themen, die uns auch heute immer noch bewegen. Der Zentralrat der Juden will sich künftig nicht mehr auf die Rolle des Dauer-Mahners fixieren lassen. Doch regelmäßig zwingen uns aktuelle Debatten regelrecht dazu, entschlossen Stellung zu beziehen. Das tun wir – mit Feuereifer und Leidenschaft. Häufig genug sind wir die Ersten, die ihre Meinung äußern.
Die Stimme von Heinz Galinski ist 1992 verstummt, aber wir setzen sein Werk bis heute enthusiastisch fort. Er war eine großartige Persönlichkeit, die unvergessen bleibt. Sein Einsatz wird für uns alle für immer ein großes Vorbild sein.
Geleitwort zu dem soeben erschienenen Buch von Juliane Berndt: »Ich weiß, ich bin kein Bequemer … Heinz Galinski – Mahner, Streiter, Stimme der Überlebenden«. Herausgegeben von Andreas Nachama. be.bra, Berlin 2012, 334 S., 19,95 €