Bundeswehr

Mit Fleiß und deutscher Stimme

Angebot des Deutsche-Stimme-Verlags Foto: screenshot

Erst seit Ende Juni leitet Matthias Rogg das Militärhistorische Museum in Dresden. Doch schon hat der 47-jährige Oberstleutnant Ärger im Haus. Ein ziviler Mitarbeiter des Museums, der Historiker Wolfgang Fleischer, hat ein Buch mit dem Titel Sachsen 1945 im Verlag »Deutsche Stimme« veröffentlicht, der der NPD gehört. Dort lobt man die »wahre Fleißarbeit«, gestützt »auf ein riesiges Privatarchiv«: sie sei unter allen Büchern zum Thema Kriegsende ein »besonderer Lichtblick«. Um sein Werk zu bewerben, gab der verbeamtete Fleischer noch der »Deutschen Militärzeitschrift« ein Interview – ein rechtsextremes Blatt, in dem üblicherweise darüber diskutiert wird, ob der Westen oder die Sowjetunion schuld am Zweiten Weltkrieg seien.

Rogg informierte die Öffentlichkeit über den Fall, sorgte dafür, dass ein Prüfungsverfahren gegen Fleischer eingeleitet wird und erteilte dessen Ko-Autor, einem Historiker namens Roland Schmieder, »Kasernenverbot«; er darf das Museum nicht betreten. Gleichzeitig arbeitet der habilitierte Historiker Rogg an einem Ethik-Guide für sein Haus. Auch Wolfgang Fleischer gehört zu den Kollegen, mit denen Rogg das Papier diskutieren will. »Herr Fleischer ist nicht suspendiert«, sagt Rogg, »das wäre ja eine Vorverurteilung.« Aus dem Bundesverteidigungsministerium ist nur zu hören, dass das Prüfungsverfahren bei der Wehrbereichsverwaltung Strausberg noch läuft. Über dessen Stand und mögliche Sanktionen gegen Fleischer schweigt man.

Perspektive Doch zu seinem Werk äußert sich ein Sprecher: »Das Buch ist fachlich in Ordnung. Nicht hinnehmbar ist aber, dass es in diesem Verlag veröffentlicht wird.« Auch Matthias Rogg attestiert den 256 Seiten, dass sich dort »keine braune Fährte findet«. Er merkt aber kritisch an: »Ein Buch zum Kriegsende darf nicht nur von 1945 handeln, da gibt es eine Vorgeschichte.« Überhaupt falle auf, dass es »in einem deskriptiven Duktus« geschrieben sei, die Perspektive etwa, wie Häftlinge den Krieg und sein Ende wahrgenommen haben, fehle völlig. Fleischer war Mitglied der Historikerkommission zu den Luftangriffen auf Dresden im Februar 1945. Schon zu DDR-Zeiten arbeitete er im Armeemuseum, dem Vorläufer des heutigen Hauses. Auch als Publizist trat er in Erscheinung: Bei einschlägigen Verlagen wie Dörfler, Podzun-Pallas oder dem Motorbuch-Verlag erschienen Titel wie Die Fahrzeuge, Waffen, Munition und Ausrüstung der Waffen-SS oder Deutsche Abwurfmunition bis 1945.

Fleischers Ko-Autor Roland Schmieder hat bislang keine Veröffentlichungen vorzuweisen. Der Oberstleutnant der Reserve hatte einmal im Militärmuseum eine Wehrübung absolviert. »Politisch ist er dabei nicht aufgefallen«, sagt Museumsleiter Rogg, »aber man kann sagen, dass er unser Konzept nicht verstanden hat.« Das nämlich, so Rogg, zeichnet sich dadurch aus, »dass die Operationsgeschichte des Zweiten Weltkriegs aus der Perspektive des Holocausts« geschrieben wird – ein Ansatz, der die Opfer und das Leiden in den Mittelpunkt stellt. In der rechtsextremen Szene wird Fleischer derweil als Märtyrer gefeiert: Er sei Opfer von »Gesinnungsjustiz und Meinungsterror«, heißt es auf der Nazi-Website altermedia. In Kommentaren ist zu lesen, Matthias Rogg litte »unter jiddischem Tinnitus«.

Diplomatie

Israel kritisiert deutschen Botschafter Seibert nach X-Post

Der deutsche Botschafter in Israel äußerte sich zu einem Bericht, nach dem im Gazastreifen Neugeborene an Unterkühlung gestorben seien

 27.12.2024

Nahost

UN-Chef ruft Israel und Huthi-Terrormiliz zu Deeskalation auf

António Guterres nennt die neuesten israelischen Luftangriffe »besonders alarmierend«

 27.12.2024

Bundeswehr

Kamerad Rabbiner

Seit 2021 sind jüdische Seelsorger großflächig im Einsatz. Der Bedarf ist enorm, die Lage angespannt. Unterwegs mit den Militärrabbinern Oleg Portnoy und Nils Ederberg

von Helmut Kuhn  26.12.2024

Anschlag von Magdeburg

»Radikalisierung mit Extremismusbezügen nach rechts«

Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer verortet Tatverdächtigen im rechtsextremen Spektrum

 24.12.2024

Berlin-Schöneberg

Chanukka-Leuchter umgestoßen

Polizei: Zwei Arme der Chanukkia am Bayerischen Platz beschädigt – der Staatsschutz ermittelt

 24.12.2024

Taleb A.

Was über den Attentäter von Magdeburg bekannt ist

Er galt den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Islamkritiker, kämpfte für Frauenrechte und arbeitete als Arzt. Aber es gab auch eine andere Seite

 23.12.2024

Polen

Staatssekretär: »Würden Netanjahu bei Teilnahme an Auschwitz-Gedenkfeier verhaften«

Eine Auschwitz-Überlebende bringt wegen der polnischen Haltung einen Boykott der Gedenkfeier ins Spiel

 23.12.2024

Umfrage

Vertrauen in den Zentralrat der Juden vergleichsweise hoch

Laut einer Forsa-Umfrage ist das Vertrauen in den Zentralrat der Juden in Deutschland in der Gesellschaft höher als das in die Kirchen

 23.12.2024

Extremismus

Terrorexperte Peter Neumann fordert neue Täter-Kategorie

Nach dem Anschlag von Magdeburg: In Deutschland werde über Terroristen in allzu starren Kategorien gedacht

 23.12.2024