In einem Beitrag hat das ZDF jüngst behauptet, Israels Schulpolitik würde Kinder ebenso zum Hass erziehen, wie dies bei Palästinensern der Fall ist. Nun steht der Sender in der Kritik.
Der Beitrag, der bei »heute+« lief, einem neuen
Nachrichtenformat, das sich an eine jüngere Zielgruppe wendet, dauert keine drei Minuten, aber die sind schockierend: Eine kleine Palästinenserin ist in einem YouTube-Video zu sehen, wie sie ein Messer schwingt und dazu ruft: »Stecht zu!« Der Beitrag zeigt, wie Kinder in Gaza in einem Theaterstück Attentäter nachstellen und einen Angriff auf Israel durch einen Tunnel nachspielen. Eine Figur, die wie der Verschnitt einer Puppe der »Sesamstraße« aussieht, sagt den kleinen Zuschauern, dass die Israelis eines Tages aus Tel Aviv vertrieben werden.
kamele Beispiele für die Erziehung zum Hass im Westjordanland und Gaza. Das alles ist bekannt, aber jedes Mal aufs Neue erschreckend. Schlimm und vor allem neu ist aber auch, dass die israelische Schulpolitik in diesem Fernsehbeitrag auf eine Stufe mit der palästinensischen Propaganda gestellt wird. Die israelische Friedensaktivistin und Literaturwissenschaftlerin an der Hebräischen Universität Nurit Peled-Elhanan wirft im Interview den israelischen Behörden vor, in Schulbüchern Palästinenser einseitig vor allem als Problemgruppe darzustellen oder stereotyp als Männer auf Kamelen zu zeigen, was rassistisch sei.
An der Legitimität von Kritik an israelischen Schulbüchern hat sich bislang niemand gestört. Auf Kritik stößt allerdings, dass in dem ZDF-Beitrag die Darstellung eines Mannes auf einem Kamel mit der Aufforderung, Juden zu töten, gleichgestellt wird. Das sah man beim ZDF anders: Auf einer Facebook-Seite des Senders wurde der Beitrag mit der Überschrift versehen: »Wie israelische und palästinensische Kinder dazu gebracht werden sollen, sich gegenseitig zu verachten – und zu töten.«
skandal Der Kölner Schauspieler und Blogger Gerd Buurmann hält die Formulierung und den Beitrag für einen Skandal und schrieb in seinem Blog »Tapfer im Nirgendwo«: »Allerdings wurde in dem ganzen Bericht nicht ein einziges Beispiel gezeigt, wo israelische Schüler dazu erzogen werden, Menschen zu hassen und zu töten. Kein Wunder, es gibt diese Form der staatlich geförderten Hasspropaganda in Israel nicht.« Buurmann wandte sich ans ZDF und beschwerte sich darüber, dass der Beitrag »antiisraelische Vorurteile nicht zerstreut, ja, sogar bedient«.
»Das ZDF hat auf meine Anfrage nicht reagiert, mit mir reden sie nicht«, sagt Buurmann, dessen Beitrag allerdings weite Kreise zog: Nicht zuletzt die »Bild«-Zeitung berichtete über den Vorfall und schrieb: »ZDF wirft Israel Kinderverhetzung vor«. Nach einer Anfrage der »Bild«-Redaktion änderte der Sender seinen Text auf Facebook.
Doch damit war die Sache nicht aus der Welt, auch wenn ein Sprecher des ZDF der Jüdischen Allgemeinen sagte: »Die Formulierung auf Facebook und in der Beschreibung des Mediatheks-Videos war unangemessen verkürzt und konnte zu Missverständnissen Anlass geben.«
fernsehrat Der jüdische Vertreter im Fernsehrat des ZDF, Salomon Korn, wandte sich am Montag an den Intendanten Thomas Bellut und den Chefredakteur Peter Frey. Denen trug er seine »Bedenken gegen die einseitige Berichterstattung des Israelkorrespondenten des ZDF« vor. Doch Korn, früherer Vizepräsident des Zentralrats der Juden, sagt: »Eine Antwort der beiden Angeschriebenen steht noch aus.«
Auch Simone Graumann, die Vorsitzende von WIZO Deutschland, hat sich an den Intendanten Bellut gewandt. »Sie haben in Ihrem Bericht die Hasserziehung israelischer und palästinensischer Kinder verglichen«, schreibt sie. »Wie ein aktueller Bericht über die UNRWA (das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge, Anm.d.Red.) gezeigt hat, ist das Erziehen zum Hass gerade in den palästinensischen Flüchtlingslagern Bestandteil des Erziehungsprogramms. Nicht jedoch in Israel! Dort werden israelische und arabische Kinder in allen Institutionen gleich erzogen – und sicher nicht zu Hass.« Unterdessen hat Volker Beck, Bundestagsabgeordneter der Grünen, eine Programmbeschwerde beim ZDF eingereicht.
Auch israelische Medien haben das Thema aufgegriffen. Die »Times of Israel« und »Haaretz« berichteten ausführlich. Gerd Buurmann ist zufrieden: »Da kann man doch mal was erreichen.« Auch wenn das ZDF ihn immer noch ignoriert.