Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen lässt die Antisemitismusvorwürfe gegen ein Seminar der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim durch einen externen Gutachter prüfen.
Der Wissenschaftler werde die Inhalte des Seminars »Die soziale Lage der Jugendlichen in Palästina« im Einvernehmen mit der Hochschule untersuchen, kündigte die niedersächsische Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) an. »Die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut«, sagte Heinen-Kliajic, betonte aber auch: »Antisemitismus hat an Niedersächsischen Hochschulen keinen Platz.«
zweifel Die Amadeu Antonio Stiftung in Berlin hat die Entscheidung der Ministerin begrüßt, ein externes Gutachten in Auftrag zu geben. Ob dies allerdings zu einer Lösung des Konflikts führen wird, bezweifelt Jan Riebe, der für die Stiftung bereits ein Gutachten über das umstrittene Seminar erstellt hat.
»Dass solch ein einseitiges Seminar zur Delegitimierung Israels samt vieler Seminartexte ohne Quellenangaben und Texten, die teils per copy&paste aus verschwörungsideologischen Blogs zusammengetragen wurden, von der Hochschulleitung als Teil der Meinungspluralität hofiert werden, werfen jedoch ein verheerendes Bild auf den Anspruch an Wissenschaftlichkeit durch die Hochschulleitung der HAWK«, sagte Riebe der Jüdischen Allgemeinen.
Verärgert auf die Bestellung eines neuen Gutachtens hat auch Rebecca Seidler reagiert. Die Religionspädagogin hatte die Verwendung von antiisraelischem und antisemitischem Material an die Öffentlichkeit gebracht. »Ich bin empört darüber, dass das Gutachten der renommierten Amadeu Antonio Stiftung nicht akzeptiert wird«, sagte Seidler der Jüdischen Allgemeinen. Sie habe Sorge, dass jetzt das im Seminar verwendete Material gefiltert und dem Gutachter eine »anderes Bild geboten« werde.
legitimation Die Präsidentin der HAWK, Christiane Dienel, verteidigt das Seminar weiterhin: »Die wissenschaftliche Betrachtung gesellschaftlicher Situationen verlangt eine Behandlung aus unterschiedlichsten Perspektiven und die – selbstverständlich kritische – Einbeziehung unterschiedlicher Quellen. Nichts anderes ist hier der Fall«, betonte Dienel in einer Stellungnahme der Hochschule. Gleichwohl werde die HAWK »der einzuberufenden unabhängigen Expertenkommission alle gewünschten Möglichkeiten zur Einsichtnahme geben und die Arbeit der Expertenkommission in jeder Hinsicht unterstützen«. Gleichzeitig kündigte Dienel an, dass die Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit plant, eine »neu konzipierte Lehrveranstaltung im Wintersemester anzubieten«.
In der Jüdischen Allgemeinen vom 21. Juli war auf das Seminar aufmerksam gemacht worden. Jan Riebe von der Amadeu Antonio Stiftung hatte dem Seminarmaterial »nicht einmal den Anschein von Wissenschaftlichkeit« attestiert. In dem Artikel hatte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, empört über die Verwendung von zum Teil antisemitischem Material in dem Seminar geäußert. Schuster hatte das Wissenschaftsministerium in Hannover aufgefordert, dafür zu sorgen, dass »ein derartiges Seminar nicht mehr angeboten wird«.