Es war eine beängstigende Situation: Am 4. Oktober störten etwa sechs rot gekleideten Pro-Palästina-Aktivisten eine vom Jüdischen Nationalfonds (JNF/KKL) mitorganisierte öffentliche Musikveranstaltung in Berlin. Es sang der Chor des israelischen Givatron-Kibbuz. Vor 65 Jahren gegründet, tritt er in Israel meist in vollen Sälen auf. 2010 erhielt er den Israel-Preis.
In Berlin gastierte der Chor in der evangelischen Pauluskirche, eine gemeinsame Veranstaltung von JNF/KKL und Kirchengemeinde. Die überwiegend jungen Teilnehmer der Protestdemonstration – es soll sich um Deutsche, Iraner, Spanier und zwei Israelis gehandelt haben – sprangen während des Konzerts auf, brüllten antiisraelische Slogans, entfalteten Banderolen und warfen Flugblätter in den Saal. Sie trugen
T-Shirts mit der Aufschrift »Viva Palästina«.
Internet Wie man einem von den Organisatoren ins Internet gestellten Video entnehmen kann, reagierten die sichtlich geschockten Zuschauer erstaunlich zurückhaltend. Polizei war die ganze Zeit nicht zu sehen. Erst nach zehn Minuten gelang es einigen Ordnern, die Störer hinauszudrängen. Kurz nach ihrer Aktion stellten sich die Angreifer im Internet als Organisation »Direct Action Berlin« vor. In einem deutsch- und englischsprachigen Pamphlet bezeichnen sie sich als eine linksextreme Gruppierung, die Teil der weltweit tätigen BDS-Boykott-Kampagne gegen Israel sei.
Das Objekt ihres Hasses ist der bereits 1901 gegründete JNF/KKL, die größte Umweltschutzorganisation Israels. Für »Direct Action« ist er jedoch »eine der ältesten und effektivsten Instrumente zionistischer Apartheid und Unterdrückung in Palästina«, wie es in einer Erklärung heißt. Beobachter gehen davon aus, dass dieser Überfall Teil einer koordinierten internationalen Kampagne ist. Nach bisher nur verbalen Angriffen würden nun israelische Vertreter gezielt auch körperlich attackiert.
Protestbrief Hauptangriffspunkt sind in Deutschland tätige israelische Institutionen, besonders JNF/KKL. In den letzten Monaten wurden zahlreiche Kulturveranstaltungen gestört: In Baden-Württemberg überschwemmt die deutsche Ärztin Gabi Weber regelmäßig Bürgermeister mit Protestbriefen, wenn jüdische Gruppierungen eine Kulturveranstaltung planen. Der Bürgermeister von Konstanz gab im Sommer dem Druck nach und sagte den Israel-Tag wieder ab.
Im Mai überfielen fünf Rechtsradikale einen Israel-Infostand in Siegen, mehrere Teilnehmer wurden beleidigt und verletzt. In Bonn war es vor allem die ehemalige Lehrerin Edith Lutz, die sich gerne als Jüdin vorzustellen pflegt, die in zahlreichen Briefen gegen ein vom JNF/KKL im September geplantes Kunstereignis protestierte.