Religion

Militärrabbiner: Die wichtigsten Fragen im Überblick

Wie jüdisches Leben in der Bundeswehr wieder fester verankert werden soll

von Alexander Riedel  28.05.2020 12:19 Uhr

»Mann des Friedens im Gewande des Krieges«: Rabbiner Aron Tänzer um 1916 an der Ostfront Foto: ullstein bild - Süddeutsche Zeitung

Wie jüdisches Leben in der Bundeswehr wieder fester verankert werden soll

von Alexander Riedel  28.05.2020 12:19 Uhr

Am heutigen Donnerstag entscheidet der Bundestag voraussichtlich über die Wiedereinführung von Militärrabbinern in Deutschland. Erwartet wird dafür eine große Mehrheit. Die Jüdische Allgemeine beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Warum gibt es bislang keine jüdische Militärseelsorge bei der Bundeswehr?

Im Ersten Weltkrieg kämpften rund 100.000 jüdische Soldaten für Deutschland. Sie wurden von Feldrabbinern begleitet. Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus brach diese Tradition ab. Die Wehrmacht beteiligte sich zudem an den Verbrechen der Schoa. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der Bundeswehr in den 1950er-Jahren wollten die meisten Juden keinen Dienst in einer deutschen Armee leisten. Auch von der damaligen Wehrpflicht waren Juden ausgenommen. An Militärrabbiner war damit ebenfalls nicht zu denken. Heute gilt es als normal und selbstverständlich, dass in der Bundeswehr auch jüdische Soldaten sind.

Wie viele jüdische Soldaten gibt es in Deutschland?

Schätzungen gehen von rund 300 Juden unter den rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr aus. Die Zahl der Christen wird auf rund 90.000 geschätzt, die der Muslime auf 3000. Genauere Zahlen gibt es nicht, da die Religionszugehörigkeit der Soldaten nur auf freiwilliger Basis erfasst wird.

Was ist jetzt geplant?

Im vergangenen Dezember schlossen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der Zentralrat der Juden in Deutschland einen Staatsvertrag über die jüdische Militärseelsorge - ähnlich denen mit der katholischen und der evangelischen Kirche. Dieser Vertrag muss nun noch durch den Bundestag in Form eines Gesetzes verabschiedet werden. Danach kann der Aufbau des neuen Seelsorgeangebots beginnen. Vorgesehen ist - entsprechend den christlichen Militärbischofsämtern - die Einrichtung eines Militärrabbinats in Berlin. Der dort angesiedelte Militärbundesrabbiner soll die zunächst bis zu zehn Militärrabbiner leiten.

Welche Aufgaben übernehmen die Militärrabbiner?

Neben der Seelsorge im In- und Ausland sowie der Begleitung von Soldaten und deren Angehörigen bei Auslandseinsätzen gehören auch andere Aufgaben zum Amt des Militärrabbiners: Sie sollen die Halacha, das jüdische Recht, lehren, über religiöse Fragen entscheiden und sicherstellen, dass die Mizwot, die jüdischen Gebote, eingehalten werden. Auch am sogenannten lebenskundlichen Unterricht zur berufsethischen Bildung der Soldaten werden die Rabbiner - wie ihre christlichen Pendants - mitwirken.

Wann werden die ersten Militärrabbiner ihren Dienst antreten?

Derzeit ist geplant, dass die ersten Rabbiner ab Herbst 2020 ausgewählt werden. Dann wird auch die Organisationsstruktur der Bundeswehr angepasst. Am Anfang soll die seelsorgliche Betreuung nach Angaben des Verteidigungsministeriums über eine zentrale Anlaufstelle organisiert werden. Bei Bedarf können die Militärrabbiner aber auch dann schon zu allen Dienststellen und Einsatzorten im In- und Ausland reisen. Später sind Außenstellen des Rabbinats vorgesehen.

In welchem Verhältnis steht die jüdische Militärseelsorge zum Staat?

Wie die christliche wird auch die jüdische Militärseelsorge durch den Staat organisiert und finanziert. Der Militärbundesrabbiner wird aber wie auch die Militärbischöfe von der jeweiligen Religionsgemeinschaft, in diesem Fall vom Zentralrat der Juden, bestimmt - im Einvernehmen mit der Bundesregierung. Die jeweiligen Leiter der Seelsorge stehen dabei in keinem Dienstverhältnis zum Staat. Kosten werden aber erstattet und eine Aufwandsentschädigung gezahlt. Die Pfarrer, Priester und Rabbiner werden ebenfalls von ihrer Religionsgemeinschaft ausgewählt. Sie sind aber vom Staat als Beamte auf Zeit eingestellt. Bei ihrer geistlichen Tätigkeit sind sie jedoch von staatlichen Weisungen unabhängig.

Was ist mit einer Seelsorge für Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften in der Bundeswehr?

Die Verteidigungsministerin hat bereits mehrfach davon gesprochen, dass auch eine Seelsorge für orthodoxe Christen und Muslime etabliert werden soll. Im Bundestag gibt es ebenfalls viel Sympathie dafür. Vor allem mit Blick auf die Muslime ist bislang allerdings noch offen, in welcher Form die Seelsorge organisiert werden kann. Ein Staatsvertrag wie mit Christen oder Juden scheint nicht infrage zu kommen, da dafür aus Sicht Kramp-Karrenbauers ein zentraler Ansprechpartner fehlt. Denkbar wäre es, muslimische Geistliche über sogenannte Gestellungsverträge an die Bundeswehr zu binden.

Brüssel

Früherer EJC-Chef Kantor von EU-Sanktionsliste gestrichen

Die Streichung des russisch-britischen Geschäftsmanns erfolgte offenbar auf Druck der ungarischen Regierung

 14.03.2025

New York

Im Trump Tower: Demo gegen Abschiebung eines Israelfeindes

Die USA wollen einen israelfeindlichen Aktivisten abschieben. Noch gab es kein Gerichtsverfahren, das Weiße Haus sieht sich im Recht. Jetzt gab es Protest – an einem symbolträchtigen Ort

 14.03.2025

Solidarität

»Wir haben Potter als einen mutigen Journalisten kennengelernt«

Der Journalist Nicholas Potter ist seit Wochen das Ziel einer Rufmordkampagne, initiiert von einem dubiosen Propaganda-Portal und befeuert von antiisraelischen Aktivisten. Jetzt äußert sich der Zentralrat der Juden

von Nils Kottmann  14.03.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Polizei verhindert möglichen Anschlag auf Synagoge Halle

Der Tatverdächtige soll bereits eine Waffe besorgt und im Internet mit seinem Plan geprahlt haben

 13.03.2025 Aktualisiert

USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump wird immer mehr wie der berühmt-berüchtigte Wiener Bürgermeister Karl Lueger

von Michael Thaidigsmann  13.03.2025

Israel

Bernard-Henri Lévy sagt aus Protest Teilnahme an Konferenz in Israel ab

Der Schritt des französischen Philosophen erfolgte aus Protest gegen die Einladung der zwei rechten französischen Politiker Jordan Bardella und Marion Maréchal

von Michael Thaidigsmann  13.03.2025

Bremen

»Die israelische Demokratie ist eine sehr viel vitalere als die deutsche«

Im Interview mit dem »Weser Kurier« spricht Michel Friedman über die Aufarbeitung der deutschen Geschichte, die AfD sowie die israelische Gesellschaft

 13.03.2025

Berlin

Joschka Fischer nennt mögliche Verhaftung Netanjahus »absurd«

Der frühere Außenminister stimmt CDU-Chef Friedrich Merz zu: Der israelische Ministerpräsident müsse Deutschland unbehelligt besuchen können

von Imanuel Marcus  13.03.2025

USA

Das Ende des Westens?

Donald Trump ist offenbar bereit, die Ukraine fallen zu lassen. Europa bleibt nun keine andere Wahl, als sich neu zu erfinden. Das birgt auch große Chancen

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  13.03.2025