Ich weiß nicht, wer für Heiko Maas die Reden schreibt. Aber ich empfehle dem Außenminister dringend, mit dem Mann oder der Frau mal ein Personalgespräch zu führen. Er oder sie kann nämlich den Job nicht, wie vergangenen Samstag eindrücklich vorgeführt wurde.
Maas wurde an dem Tag der »Preis für Verständigung und Toleranz« des Jüdischen Museums Berlin verliehen, unter anderem für seine »klaren Worte im Kampf gegen den erstarkenden Rechtspopulismus«. In seiner Dankesrede sagte der SPD-Politiker laut dpa, »die Gesellschaft müsse sich gegen Hass immunisieren, um die Wurzeln von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus zu kappen«.
phrasen »Gegen Hass immunisieren« ist eine Metapher. »Die Wurzeln von Antisemitismus kappen« auch. Metaphern als solche sind schon heikel. Eigentlich sollen sie eine Aussage verstärken, indem sie ihr bildliche Ausdruckskraft verleihen. Meist sind Metaphern jedoch durch zu häufigen Gebrauch abgenutzt; statt das Gesagte zu verdeutlichen, vernebeln sie es eher. Dann werden sie zu inhaltsleeren Phrasen. Wenn dann auch noch zwei zueinander nicht passende Metaphern verknüpft werden – »immunisieren« und »die Wurzeln kappen« –, ist man rasch bei der Stilblüte. Klare Worte sehen anders aus.
Reden richten sich an ein Publikum. Sie sollen die Zuhörer ansprechen.
Das ist nicht nur sprachlich peinlich. Reden richten sich an ein Publikum. Sie sollen die Zuhörer ansprechen. Bei der Berliner Preisverleihung werden unter den 300 Gästen auch viele Juden anwesend gewesen sein. Ihnen vor allem galten wahrscheinlich die Worte des Ministers. Antisemitismus ist spätestens seit Halle für Juden in Deutschland ein existenzielles Problem. Wir sind hier unseres Lebens nicht mehr sicher.
Umso dringlicher sind die Erwartungen an den Staat, seiner Kernaufgabe, dem Schutz von Leib und Leben seiner Bürger, auch der jüdischen, endlich nachzukommen. Doch ihnen hatte Maas in seiner Rede nichts zu bieten. Sie wurden nicht einmal mit schönen Worten abgespeist, sondern mit Phrasen und missglückten Sprachbildern. Die Juden hierzulande scheinen dem Minister, der für sein »unermüdliches öffentliches Eintreten für jüdisches Leben in Deutschland« ausgezeichnet wurde, nicht einmal eine handwerklich saubere Rede wert zu sein.
konkretes Immerhin: Ein Gutes haben diese Äußerungen, die, nebenbei, stellvertretend für so viele andere ihrer Art in letzter Zeit stehen. Zur Phrase greift, wer nichts Konkretes zu sagen hat. »Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein«, heißt es in Goethes Faust. Und so war die eigentliche Aussage von Heiko Maas an diesem Abend: Wir wissen als Regierung nicht, was wir wirksam gegen Antisemitismus machen können. Wir haben kein Konzept. Uns fällt nichts ein.
Nicht, dass das wirklich überraschend wäre. Den Eindruck hat man schon seit Längerem. Der deutsche Staat wirkt hilf- und planlos bei der Bekämpfung von Judenhass. Wir können uns nicht auf ihn verlassen. Das allerdings ist ein politisches Problem. Da würde auch ein besserer Redenschreiber nicht helfen.