Interview

»Meine Zusage steht«

Boris Pistorius bei der Bundespressekonferenz Neuer Wehrdienst im Haus der Bundespressekonferenz. Berlin, 12.06.2024 Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Herr Minister, Sie nehmen an diesem Donnerstag an der Einweihung einer Torarolle für das Militärrabbinat in Berlin teil. Was bedeutet Ihnen diese Zeremonie?
Für mich ist es eine große Ehre, dass ich bei der Fertigstellung der Torarolle dabei sein kann. Dass wir dies gemeinsam tun, beweist unsere wechselseitige Verbundenheit und Wertschätzung. Es freut mich, dass wir zugleich auch den Einzug des Militärrabbinats in die neuen Räumlichkeiten der Bundeswehr feiern können – und das in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zentralrat der Juden in Deutschland.

Ist die jüdische Militärseelsorge zu einem festen Bestandteil der Bundeswehr geworden?
Definitiv ja! Die Militärrabbiner sind inzwischen – genau wie die christlichen Militärseelsorgerinnen und -seelsorger – überall dort, wo unsere Soldatinnen und Soldaten Dienst leisten. Ob hier in Deutschland oder im Einsatz. Der Dienst der Militärrabbiner in der Bundeswehr lässt jüdisches Leben in Deutschland für viele erst erlebbar werden. Es freut mich sehr, dass die Soldatinnen und Soldaten offenbar keine Hemmnisse haben, unsere Militärrabbiner als Seelsorger anzusprechen – auch wenn sie selbst nicht jüdisch sind. Das zeigen zum Beispiel die Erfahrung des ersten Militärrabbiners im Einsatz auf einem Tender der Marine in der Ostsee.

Die Tora betont das Recht auf Leben, verpflichtet aber auch zur Verteidigung im Falle eines Angriffs. Wie stehen Sie zu diesem Grundsatz angesichts der aktuellen Bedrohung Israels?
Es ist wichtig, dass Sie die aktuelle Bedrohung für den Staat Israel und seine Bürgerinnen und Bürger so klar ansprechen. Israel ist einer ständigen Bedrohung von unterschiedlichen Seiten ausgesetzt. Wir bangen nach wie vor um die israelischen Geiseln in den Händen der Hamas nach dem menschenverachtenden Terroranschlag vom 7. Oktober. Tausende Israelis im Norden und im Süden Israels sind nach wie vor noch immer nicht in ihre Heimatgemeinden zurückgekehrt. Gerade auch der direkte Angriff des Iran sollte jedem bewusst gemacht haben, welcher massiven Bedrohungslage der jüdische Staat sich jeden Tag erwehren muss.

Sie haben nach dem 7. Oktober bei einem Besuch in Tel Aviv Ihrem israelischen Amtskollegen Yoav Gallant versichert: Was immer an Unterstützung möglich ist, wird geleistet. Steht diese Zusage noch?
Ja, sie steht. Meinen Besuch in Israel werde ich nie vergessen. Die Gespräche mit meinem Amtskollegen, mit Soldatinnen und Soldaten sowie mit Angehörigen von Opfern des abstoßenden Anschlags haben mich tief bewegt. Meine Haltung zur Unterstützung Israels habe ich in den vergangenen Monaten wiederholt zum Ausdruck gebracht, und daran hat sich auch nichts geändert.

Halten Sie einen auch in Ihrer Partei diskutierten Stopp von Waffenlieferungen an Israel für im Sinne der viel beschworenen »Staatsräson«?
Ich kann eine solche grundsätzliche Debatte nicht erkennen und hielte sie auch nicht für hilfreich. In der Staatsräson Deutschlands spiegelt sich die Solidarität für die Unterstützung Israels bei der Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts wider.

Das Interview mit dem Bundesverteidigungsminister führte Detlef David Kauschke.

Meinung

Links und jüdisch sein - das ist nach dem 7. Oktober eine prekäre Existenz geworden

Seit dem 7. Oktober fühlt es sich für viele linke Juden so an, als stünden sie auf einer Eisscholle, die stark schwankt und zusehends schmilzt

von Bettina Spoerri-Rózsa  05.07.2024

Hintergrund

Eklat um Wolfsgruß bei EM: Was bedeutet die Geste?

Fragen und Antworten

von Anne Pollmann, Serhat Koçak  05.07.2024

Berlin

UEFA bestraft Demiral: Zwei-Spiele-Sperre nach Wolfsgruß

Der türkische Nationalspieler fehlt damit seiner Mannschaft im EM-Viertelfinale gegen die Niederlande

 05.07.2024

Frankreich

Terrorfestnahmen kurz vor Olympischen Spielen

Innenminister Gérald Darmanin: »Die terroristische Bedrohung bleibt extrem hoch.«

 05.07.2024

Frankreich

Großmutter einer israelischen Abgeordneten angegriffen und beleidigt

Das 88-jährige Opfer wurde laut ihrer Aussage im Ort Val-d’Oise geschlagen und als »dreckige Jüdin« beleidigt

 05.07.2024

Berlin

»Wie lange kann es eigentlich dauern?«

Kein Bundestagsbeschluss zum Schutz jüdischen Lebens vor der Sommerpause: Kritik von Zentralratspräsident Schuster

 05.07.2024

Freie Universität Berlin

Jüdische Verbände üben massive Kritik an Emilia Roig

Die Politologin verharmlose, leugne und verbreite Judenhass, schreibt die Organisation jüdischer Studierender

 05.07.2024

Großbritannien

Wahlgewinner Starmer will gegen Judenhass vorgehen

Unter Corbyn hatten nur etwa 11 Prozent der britischen Juden Labour gewählt. Nun waren es 30 bis 50 Prozent

 05.07.2024

Berlin/Frankfurt am Main

Militärbundesrabbiner besorgt über Spaltung in der Gesellschaft

»Ich beobachte eine Radikalisierung und Dämonisierung von mehreren Seiten«, sagt Zsolt Balla

 05.07.2024