Wuligers Woche

Mein Leben als Strippenzieher

Wie ich einmal die deutsche Nahostpolitik steuerte

von Michael Wuliger  15.07.2019 12:22 Uhr

»All die Jahre habe ich davon geträumt, einmal an entscheidender Stelle die Geschicke der Welt zu lenken.« Foto: Getty Images / istock

Wie ich einmal die deutsche Nahostpolitik steuerte

von Michael Wuliger  15.07.2019 12:22 Uhr

All die Jahre habe ich davon geträumt, einmal an entscheidender Stelle die Geschicke der Welt zu lenken. Und jetzt erfahre ich zu meiner Überraschung, dass diese narzisstische Größenfantasie tatsächlich in Erfüllung gegangen ist. Der »Spiegel« enthüllt in seiner neuesten Ausgabe, dass »ein deutsch-jüdischer und ein proisraelischer Verein im Bundestag ein enges Netzwerk gespannt haben – mit fragwürdigen Methoden. Es geht um eine andere Nahostpolitik«.

LOBBY Zu den von dem Hamburger Blatt aufgelisteten Methoden gehört unter anderem, dass »die Lobbyisten Positionspapiere entwerfen«. Disclosure: Etliche dieser Positionspapiere habe ich verfasst. Etwas länger als ein Jahr war das mein Job beim »Nahostfriedensforum« (Naffo), dem im »Spiegel« genannten »proisraelischen Verein«. Geschrieben habe ich Analysen aktueller Entwicklungen im Nahen Osten, deren Tenor vor allem lautete, dass die Lage in der Region etwas vielschichtiger und komplizierter ist, als man gemeinhin liest – auch im »Spiegel«. Was dort dann heißt: »Inhaltlich vertritt Naffo ... Positionen, die denen von Ministerpräsident Netanjahu verblüffend ähnlich sind.«

Von den 30 Millionen, die Israel angeblich ausgibt, ist bei mir leider nichts angekommen.

Mir als Autor ist das neu. Wenn es wahr wäre, hätte der Mann sich wenigstens mal bedanken können. Von den in dem Bericht genannten 30 Millionen, die Israel angeblich jedes Jahr ausgibt, um die öffentliche Meinung im Ausland zu beeinflussen, ist bei mir leider auch nichts angekommen. Die Bezahlung war zwar ganz ordentlich, vergleichbar mit besseren journalistischen Zeilenhonoraren, aber nicht annähernd so hoch wie die beim »Spiegel«.

EINFLUSS Dass ich mit den von mir geschriebenen Papieren die deutsche Nahostpolitik gesteuert oder wenigstens beeinflusst habe, würde ich dem »Spiegel« gerne glauben. »Bemerkenswert ... ist, wie groß der Einfluss dieser beiden Vereine ist«, meint man dort zu wissen. Das schmeichelt meiner Eitelkeit, ist aber dennoch eher unwahrscheinlich.

In Berlin tummeln sich Hunderte von Interessengruppen, die versuchen, auf die Politik einzuwirken, von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände bis zum Zweirad-Industrie-Verband. Jede von ihnen produziert tagtäglich Positionspapiere, die zu Aberdutzenden in den Postfächern der Abgeordneten landen und dort wahrscheinlich nicht einmal abgerufen werden. Kein Mensch kann so viel lesen.

MOSSAD Vom Mossad, der, wie der »Spiegel« raunt, natürlich ebenfalls »involviert sein soll«, habe ich übrigens auch nichts mitbekommen. Sonst hätte ich den gefragt, ob er die PIN-Nummer meiner Kreditkarte kennt, die ich vergessen hatte. So musste ich bei meiner Bank für eine neue Nummer zehn Euro abdrücken.

Eigentlich schade. Ich hatte schon überlegt, den Artikel als Aufrissmasche bei Frauen zu nutzen. Macht ist bekanntlich sexy. »Hast du von der Israellobby gehört? Ich gehöre dazu!« – »Tatsächlich? Erzähl mal!« – »Ja, es stand im ›Spiegel‹.« – »Im ›Spiegel‹? Ach so. Und fast hätte ich dir das geglaubt.«

Berlin

Baerbock über Bibas-Familie: »Ihr Schmerz ist kaum zu ertragen«

Die Außenministerin kritisierte auch die Hamas dafür, die lebenden Geiseln vorzuführen

 22.02.2025

Deutschland

Kontrollverlust

Viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher. Die Politik muss nach der Wahl endlich handeln, fordert unser Autor Marcel Reif

von Marcel Reif  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Berlin

Polizei vereitelt mutmaßlichen Anschlagsplan auf israelische Botschaft

In der Potsdamer Wohnung des Tatverdächtigen fand die Polizei Sprengstoff

 22.02.2025

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal – Täter wollte Juden töten

Ein syrischer Flüchtling stach einem spanischen Touristen in den Hals. Der Zustand des Opfers soll stabil sein

von Birgit Zimmermann, Matthias Arnold  22.02.2025

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025