In der Chemiestunde: Eine Lehrerin erklärt, wie die Schüler den Bunsenbrenner benutzen. Plötzlich fällt eine Bemerkung über Juden und Gas. Die Klasse lacht, wie soll die Lehrerin reagieren?
Mit diesem Denkanstoß hat Zentralratspräsident Josef Schuster am Mittwochvormittag die Fachtagung »Umgang mit Antisemitismus in der Schule – Herausforderung und Umsetzung« eröffnet. Die Konferenz, die vom Zentralrat der Juden, der Kultusministerkonferenz und der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten initiiert wurde, will die Aus- und Fortbildung von Lehrern in den Mittelpunkt rücken und Schulen dazu bringen, verstärkt gegen Antisemitismus vorzugehen. Josef Schuster betonte: »Lehrer müssen fähig sein, judenfeindliches Verhalten zu erkennen und angemessen zu reagieren.«
nahostkonflikt Die Lehrpläne für politische und historische Themen müssten auch die Geschichte Israels und den Nahostkonflikt angemessen berücksichtigen, forderte Schuster weiter. Zur Begründung erklärte er, dass israelbezogener Antisemitismus »weit über Migrantenkreise hinaus« verbreitet sei und auch bei Linken und in Kirchen vorkomme.
Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte, judenfeindliche Einstellungen gebe es bei rund einem Viertel der Bevölkerung in Deutschland. Dagegen einzutreten, sei auch ein »wirksamer Beitrag« zum Schutz der Demokratie. Hubig plädierte dafür, das Thema Judentum im Schulunterricht »nicht auf Ausgrenzung und Völkermord zu reduzieren, sondern die ganze Vielfalt jüdischen Lebens vorzustellen«.
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, würdigte die vor einem Jahr von Bund, Ländern und Zentralrat veröffentlichten Empfehlungen zum Umgang mit Judenfeindlichkeit in Schulen als »echten Meilenstein«. Sie hätten »die Voraussetzungen für eine wirksame Bekämpfung des Problems geschaffen«. Klein rief dazu auf, diese Empfehlungen in den Koalitionsvereinbarungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein »verbindlich umzusetzen«.
Lehrerzimmer Der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Ludwig Spaenle, warb dafür, Lehrkräften einen »möglichst niedrigschwelligen Zugang« zu Bildungsangeboten über Antisemitismus zu ermöglichen. Sie bräuchten konkrete Hilfen für den Umgang mit solchen Fällen »im Klassenzimmer, im Lehrerzimmer und in Familien«.
Die Soziologin und Diskriminierungsexpertin Julia Bernstein berichtete, Lehrkräfte seien vor allem bei israelbezogenem Antisemitismus überfordert. Er schließe oft auch religiöse und rassistische Formen von Judenfeindlichkeit ein. kna/kat
Lesen Sie mehr über die Fachtagung in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.