Düsseldorf

Mehr als 4500 antisemitische Straftaten im vergangenen Jahr

Foto: picture alliance

Die Zahl der antisemitischen Straftaten wie Gewaltdelikte, Propagandaaktionen und Volksverhetzungen verharrt in Deutschland auf hohem Niveau: Im Jahr 2024 haben die Behörden bisher 4506 antisemitische Delikte registriert. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die der »Rheinischen Post« vorliegt.

Das sind zwar mehr als 700 Delikte weniger als 2023. Im vorvergangenen Jahr waren insgesamt 5274 antisemitische Straftaten amtlich geworden. Doch werden viele Delikte regelmäßig mit Zeitverzug von den Behörden nachgemeldet.

»Für das vierte Quartal 2024 wurden dem Bundeskriminalamt über den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität bislang insgesamt 671 Straftaten mit Nennung des Unterthemenfeldes ›Antisemitisch‹ gemeldet. Darunter waren 24 Gewalttaten sowie 237 Volksverhetzungen«, heißt es in der Antwort des Innenministeriums.

»Judenhass wird zur Normalität«

Mit 326 Straftaten seien die meisten der rechtsextremen Szene zuzuordnen. Auf das linksextreme Umfeld entfielen dagegen nur 14 antisemitische Straftaten. Ausländischen Ideologien ordnete die Polizei 227 Straftaten zu. Bei 89 Taten liege eine religiöse Ideologie zugrunde. Für 39 Straftaten nennt die Polizeistatistik sonstige Gründe.

Lesen Sie auch

Im vierten Quartal 2023 waren die Zahlen nach dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober extrem angestiegen. Sie fielen in den übrigen Quartalen 2023 jedoch insgesamt geringer aus als 2024. Ein Vergleich mit 2022 verdeutlicht ebenfalls den drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der »Rheinischen Post«, Judenhass werde in Deutschland zunehmend zur Normalität. »Jüdisches Leben in Deutschland ist heute so gefährdet, wie seit der Schoa nicht mehr«, so Klein. Dabei zeige sich Antisemitismus in allen Teilen der Gesellschaft.

Ausdruck demokratiefeindlicher Haltung

»Diese Normalisierung dürfen wir nicht hinnehmen. Antisemitismus wendet sich nicht nur gegen Jüdinnen und Juden.« Er sei Ausdruck einer zutiefst demokratiefeindlichen Haltung und lehne »die Errungenschaften unserer modernen, freiheitlichen Gesellschaft ab«.

Auch diene Antisemitismus allen extremistischen Denkmustern als Bindemittel. »Dies gilt für ideologische Verhärtungen von links wie rechts ebenso wie für religiös motivierte«, sagte Klein weiter. Menschen mit einer verfestigten antisemitischen Grundhaltung hätten häufig ein geschlossenes Weltbild. Aus diesem heraus würden sie alles erklären.

Sorgen bereitet Klein außerdem der Hass gegen den Staat Israel. Das spiegele sich auch in Straftaten. »Eine Folge daraus ist unter anderem, dass berechtigte Anliegen für die palästinensische Zivilbevölkerung immer weniger Raum finden.« Stattdessen würden diese von Aktivisten gekapert und für Hamas-Solidarität sowie Hass und Hetze gegen Juden vereinnahmt. kna

Debatte

Auschwitz-Überlebender appelliert an Merz: »Bleiben Sie Mensch«

Merz solle das »menschenfeindliche« Gesetz nicht weiter behandeln

 05.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz und die Verschärfung der Migrationspolitik: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  05.02.2025 Aktualisiert

Riad

Saudi-Arabien bekräftigt Unterstützung für Palästinenser

Mithilfe der USA will Israel sein Verhältnis zur Führung in Riad normalisieren. Doch die Saudis stellen Bedingungen

 05.02.2025

Washington D.C.

Netanjahu berät über Verhandlungen mit der Hamas

Die Verhandlungen über die zweite Phase des Geisel-Deals hätte schon am Montag beginnen sollen

 04.02.2025

Kommentar

Hoffen wir, dass Donald Trump einen Plan hat

Der US-Präsident will den Gazastreifen besetzen und hätte nichts dagegen, wenn Israel Teile des Westjordanlands annektieren würde. Was will er damit bezwecken?

von Nils Kottmann  05.02.2025 Aktualisiert

Interview

»Es wäre zu schwer, um es weiterhin an meiner Jacke zu tragen«

Der Schoa-Überlebende Albrecht Weinberg möchte sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben - aus Protest gegenüber dem Antrag der Unionsfraktion zur Asylpolitik

von Christine Schmitt  04.02.2025

Kassel

Kunsthochschule zeigt Terror-verherrlichende Ausstellung

Die Hochschule bot einem Mann eine Plattform, der einen Hamas-Terroristen zum »Superhelden« erklärte. Jüdische Studenten sind entsetzt

von Imanuel Marcus  04.02.2025

Berlin

»Es gibt einen Judenhass, der uns alle tief beschämt und gegen den wir bisher viel zu zögerlich vorgegangen sind«

Wo bleibe der Aufstand der Anständigen bei dieser Ausprägung des Antisemitismus, fragt der CDU-Chef

 04.02.2025

Berlin

Merz schließt jede Zusammenarbeit mit AfD aus

Der CDU-Chef erneuert auf dem Wahlparteitag ein klares Versprechen

von Jörg Blank  04.02.2025