Rechtsextremismus

Verfassungsschutz stuft AfD als Verdachtsfall ein

Künftig kann die Partei bundesweit mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden

 04.03.2021 18:00 Uhr Aktualisiert

Laut dem Zeitungsbericht ist es möglich, dass der Verfassungsschutz den Berliner AfD-Landesverband auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten kann. Foto: imago images / IPON

Künftig kann die Partei bundesweit mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden

 04.03.2021 18:00 Uhr Aktualisiert

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die gesamte AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Damit kann die Partei ab sofort auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln ausgespäht werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur setzte der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, die Landesämter für Verfassungsschutz über die neue Einschätzung am Mittwoch in einer internen Videokonferenz in Kenntnis. Zuerst hatte der »Spiegel« über die Entscheidung berichtet.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die AfD-Spitze sprach von einem politischen Manöver mit dem Ziel, der AfD im Superwahljahr 2021 Schaden zuzufügen. »Das Vorgehen des Verfassungsschutzes ist skandalös«, sagte der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. »Obwohl die Behörde die Einstufung als Verdachtsfall nicht bekanntgeben darf, lanciert sie entsprechende Informationen an die Medien, um auf diese Weise den demokratischen Parteienwettstreit zulasten der AfD zu beeinflussen.« Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, sagte: »Ich bin persönlich der Meinung: keine Anpassung an den Verfassungsschutz.«

Wegen eines noch nicht abgeschlossenen Gerichtsverfahrens nimmt das Bundesamt derzeit öffentlich nicht Stellung zur Frage der Einschätzung der AfD. »Mit Blick auf das laufende Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht äußert sich das Bundesamt für Verfassungsschutz in dieser Angelegenheit nicht öffentlich«, teilte die Kölner Behörde auf Anfrage mit.

Das Bundesamt hatte dem Kölner Verwaltungsgericht diese Woche jedoch umfänglich Einblick in seine Einschätzung zur AfD gewährt. Die AfD wehrt sich in einem Eilverfahren mit juristischen Mitteln gegen eine mögliche Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Diese Einstufung ermöglicht grundsätzlich auch das Anwerben von Informanten, die aus der Partei an den Inlandsgeheimdienst berichten.

Der Verfassungsschutz hatte dem Gericht zugesagt, bis zum Ende des Eilverfahrens Kandidaten und Abgeordnete der Partei nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu überwachen. Außerdem werde der Verfassungsschutz bis zum Abschluss des Verfahrens darauf verzichten, öffentlich bekanntzugeben, ob er die AfD als Verdachtsfall oder gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstuft.

Das Gericht stellte daraufhin fest, angesichts der vom Bundesamt für Verfassungsschutz abgegebenen Erklärungen könnte sich eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln während der Dauer des Eilverfahrens lediglich auf die einfachen Mitglieder der Partei auswirken.

»Dass der Verfassungsschutz die AfD nun offenbar bundesweit beobachtet, wundert nicht«, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg. »Die Partei hat sich nie eindeutig von Rechtsextremen wie Herrn Höcke distanziert«, kritisierte Middelberg mit Blick auf den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke. Die Partei habe es jetzt in der Hand, »sich mit einem Reinigungsprozess der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu entziehen.« Es sei aber fraglich, ob ihr das gelingen werde.

»Dieser Schritt war überfällig - der Schulterschluss
zwischen AfD und extremer Rechter ist in den letzten Jahren immer
deutlicher sichtbar geworden«, sagte DGB-Bundesvorstandsmitglied Anja Piel. »Unsere Demokratie ist wehrhaft gegenüber denjenigen, die sie abschaffen und das parlamentarische System abreißen wollen«, kommentierte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz.

In der AfD tobt seit Jahren ein Machtkampf zwischen der rechtsnationalen Strömung und denjenigen, die sich selbst als gemäßigt bezeichnen. Im Bundesvorstand sind die sogenannten Gemäßigten um Parteichef Jörg Meuthen aktuell in der Mehrheit.

Die AfD war im vergangenen Jahr von 34 750 Mitgliedern auf rund
32.000 Mitglieder zum Jahresende geschrumpft. Für die Partei war dies der erste Mitgliederschwund seit fünf Jahren. Ein Parteisprecher hatte dies im Januar teils damit erklärt, dass die Mitgliedschaft von Menschen, die ihre Beiträge nicht gezahlt hätten, beendet worden seien. Einige Mandatsträger, die ausgetreten waren, hatten ihren Austritt mit dem nach ihrer Einschätzung gewachsenen Einfluss der Rechtsaußen-Strömung in der Partei begründet.

Die vom früheren AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke gegründete Partei Liberal-Konservative Reformer (LKR) hatte einige von ihnen aufgenommen. Der LKR-Bundesvorsitzende Jürgen Joost sagte: »Wer sich glaubhaft von der AfD abwendet, darf dafür nicht gebrandmarkt werden. Als Liberal-Konservative Reformer sind wir bereit, Brücken zu bauen für jeden, der unsere satzungsmäßigen Ziele und politischen Grundsätze teilt.« dpa

Washington D.C.

Trump-Berater: Hamas darf keine Rolle in Gaza spielen

Als Sicherheitsberater stand Mike Waltz früh für Trumps neue Regierung fest. In einem Podcast skizziert er schon einmal die Stoßrichtung der USA in Bezug auf die Lage in Nahost

 15.01.2025

Meinung

98-mal Hoffnung

Melody Sucharewicz sieht die Hamas entschieden geschwächt und bangt mit ganz Israel um die Geiseln in Gaza

von Melody Sucharewicz  15.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025