Schabbat

Mach mal Pause

Freitags die Stopptaste drücken: eine alte und wunderbare Idee in unserer hektischen und sinnsuchenden Welt Foto: Fotolia

Von dem genialen hebräischen Schriftsteller und Zionisten Ahad Ha’am stammt die berühmte Bemerkung: Mehr als die Juden den Schabbat gehalten hätten, »hat der Schabbat die Juden gehalten«.

Für mein eigenes Leben gilt diese Erkenntnis mit Sicherheit. Häufig werde ich gefragt: »Wie können Sie Ihre Arbeit als US-Senator einfach unterbrechen, um jede Woche die Schabbatvorschriften zu befolgen?« Meine Antwort lautet: »Wie könnte ich meine Arbeit erledigen, wenn ich sie nicht unterbrechen würde?«

Vielleicht wundern Sie sich, warum ein Senator der Vereinigten Staaten sogar ein Buch über ein religiöses Thema wie den Schabbat geschrieben hat. Oder warum ein jüdischer Senator dieses Buch nicht nur für Juden, sondern auch für Christen und Menschen jeglichen Glaubens geschrieben hat. Der Grund ist einfach: Ich liebe den Schabbat und glaube, dass er ein Segen Gottes ist, den ich mit jedem Menschen teilen möchte, in der Hoffnung, dass auch andere den Schabbat lieben lernen.

Tradition Der Schabbat ist eine alte und wunderbare Idee, die in unserer hektischen und sinnsuchenden Welt nach Wiederentdeckung verlangt und von Menschen aller Glaubensrichtungen gelebt werden kann. Es ist eine großartige und uralte Tradition, die sich über Jahrtausende erstreckt. Ich glaube, in der Phase der menschlichen Geschichte, die wir gerade durchleben, ist die Tradition wichtiger denn je.

Wenn ich mit christlichen Freunden, insbesondere Angehörigen evangelikaler oder römisch-katholischer Gemeinden, spreche, erlebe ich, welch großen Anklang die Idee des Schabbat findet und wie viele den Wunsch verspüren, sie weiterzugeben.

Das vierte Gebot der Schabbatruhe richtet sich an alle Menschen. Tatsächlich gibt der Schabbat Antworten auf die schwierigsten Fragen, die sich gläubige Menschen – und Menschen ohne Religion – seit Generationen stellen: Wie kam ich auf diese Erde, und warum bin ich hier? Interessiert es irgendjemanden, wie ich mich verhalte? Was bedeutet ein gut gelebtes Leben? Was wird mit mir geschehen, wenn ich sterbe?

Der Schabbat ist eine Gabe, die ich von meinen Eltern erhielt. Die wiederum erhielten sie von ihren Eltern, die sie in einer ununterbrochenen Linie, die bis auf Moses zurückgeht, von Generationen von Juden erhalten haben.

Ruhe Der Schabbat und die sechs Tage der Arbeit davor bereiten uns das größte Geschenk von allen: Sinn, Bestimmung und Schicksal. Ruhe ohne Arbeit ist sinnlos. Arbeit ohne Ruhe ist bedeutungslos. Doch Arbeit und Ruhe zusammen bieten uns heute die Hoffnung auf ein besseres Leben und morgen die Bestimmung endgültiger Erlösung.

Auf den ersten Blick scheinen die Schabbatgesetze eine Last zu sein. Aber ohne sie wäre es praktisch unmöglich, die Ruhe zu genießen.

Erlauben Sie mir, persönlich zu werden: Wenn es nicht das göttliche Gesetz gäbe, das mir gebietet, die Arbeit ruhen zu lassen, würden mir hundert gute Gründe einfallen, mit meiner Alltagsroutine auch am Freitagabend und am Samstag fortzufahren.

Für mich ist die Einhaltung der Schabbatvorschriften eine der reinsten und tiefsten Freuden im Leben. Der Lubawitscher Rebbe Menachem Mendel Schneerson schrieb einmal: »Am Schabbat hören wir auf, mit der Welt zu ringen, nicht weil wir am Schabbat von unserer Aufgabe, die Welt zu vervollkommnen, freigestellt sind, sondern weil am Schabbat die Welt bereits vollkommen ist. Wir treten in Beziehung mit dem, was vollkommen und unveränderlich ist in ihr.«

Frieden Der Schabbat ist ein Tag der Ruhe, des Friedens und, ja, auch des Genießens. Er wirkt auf all unsere Sinne – Sehen, Hören, Riechen und Schmecken – mit seinem besonderen Rahmen, mit berauschenden Melodien, wunderbarem Essen und Wein und viel Liebe.

Es ist die Zeit, in der wir uns mit der Familie und den Freunden verbinden – und natürlich auch mit Gott, dem Schöpfer von allem, mit dem wir gesegnet sind und was wir am Schabbat »empfinden« dürfen. So gesehen ist die Befolgung der Schabbatvorschriften ein Segen, der meinem Leben festen Halt gibt, es formt und beseelt.

Der Talmud enthält eine wunderbare Lehre, nach der der Messias kommen und die Menschheit erlösen wird, wenn alle Menschen zweimal in Folge den Schabbat einhalten. Ich glaube, die Rabbinen meinten damit, dass der Schabbat die Kraft hat, die Kluft, die die Menschen voneinander und von Gott trennt, aufzuheben, und dass die Überwindung dieser Kluft die Bedingungen für die Erlösung herstellt.

Bis es so weit ist, hoffe ich, dass jeder Tag der Schabbatruhe, den Sie begehen, Ihnen eine Vorstellung von der kommenden Welt vermittelt. Der Schabbat ist wahrhaftig ein Geschenk – eine Gabe Gottes. Ich hoffe und bete, dass Sie es annehmen und zulassen, dass die Schabbatruhe Ihr Leben bereichert.

Der Autor ist US-Senator und Verfasser des Buches »The Gift of Rest: Rediscovering the Beauty of the Sabbath«.

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza/Westjordanland

Umfrage: Mehr als die Hälfte der Palästinenser befürwortet die Massaker vom 7. Oktober 2023

Klare Mehrheit der Palästinenser zudem gegen Entwaffnung der Hamas

 21.12.2025

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025