Der Präsident des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, nimmt kein Blatt vor den Mund.
KONTROVERSE Zu der kontrovers diskutierten Frage, ob man Hans-Georg Maaßen, einst Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, in einem Atemzug mit Antisemitismus nennen könne, sagte Kramer am Donnerstag im ARD-Politmagazin »Kontraste«: »Da gibt es eigentlich nichts Entlastendes mehr zu bemerken. Er nutzt antisemitische Stereotype, um auf Stimmenfang zu gehen. Und ich glaube, als solches muss man es auch einfach bezeichnen.«
Das gelte, so Kramer weiter, »man die Summe aller Dinge zusammennimmt«, sowohl auf den unterschiedlichen sozialen Netzwerken, aber auch in Maaßens Reden.
Erstmals äußerte sich damit ein Verfassungsschützer in der Öffentlichkeit an dem ehemaligen obersten deutschen Verfassungsschützer Kritik. Maaßen tritt bei der Bundestagswahl im September als Kandidat der CDU in einem Südthüringer Wahlkreis an.
Das SPD-Mitglied Kramer wollte sich ebenfalls in Thüringen um ein Mandat bewerben, zog aber vor drei Wochen seine Kandidatur zurück und sagte, er wolle sich »angesichts der aktuellen Gefahren und Bedrohungslage« auf seine Arbeit als Thüringer Verfassungsschutzchef konzentrieren.
BEGRIFFE Kramer, von 2004 bis 2014 Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, erkennt in Maaßens Texten antisemitische Muster. Begriffe wie »Globalisten« und »neue Weltordnung« seien rechtsextreme Codes. Darüber seien sich auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung sowie die Bundeszentrale für politische Bildung einig. »Es grüßen die Protokolle der Weisen von Zion«, sagte Kramer mit Verweis auf eine vor über 100 Jahren in Umlauf gebrachte antisemitische Fälschung, die ein jüdisches Komplott unterstellte.
Anfang Mai hatte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer in der ARD-Sendung »Anne Will« Hans-Georg Maaßen vorgeworfen, die Inhalte antisemitischer Blogs zu verbreiten. Maaßen hatte sich dagegen verwahrt. »Das sind für mich halt- und beleglose Behauptungen, die ich energisch zurückweise«, sagte er.
Auch die Anschuldigungen Kramers wies er weit von sich. »Mich zu bezichtigen, ich würde hier mit antisemitischen Chiffren arbeiten, ist eine infame Unterstellung.« mth