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Leserbriefe

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AfD
Igor Matviyets: »Die Koffer packen und gehen? Die Partei ist im Osten besonders erfolgreich. Viele Juden sind überzeugt: Sollten die Rechtsextremen Teil einer Landesregierung werden, müssen wir auswandern«
Jüdische Allgemeine vom 20. Juli

Ich bin durch Zufall auf Ihren Artikel gestoßen und finde ihn grandios. Wir müssen alle etwas gegen diese AfD machen. Wenn es etwas gibt, das ich verbreiten kann, würde ich gerne etwas gegen die AfD tun. Es ist so schleichend und so gefährlich. Deshalb ist die Aufklärung so wichtig. Die AfD-Wähler sind Protest-Wähler, und das macht die Angelegenheit noch schlimmer. »Denn Sie wissen nicht, was sie tun.« Hier sind eigentlich unsere jetzigen Politiker an der Reihe, etwas zu tun.
Steffi Lippmann (per E-Mail)

Natürlich nicht! Nach meiner Meinung ist das Gegenteil richtig. Je mehr in Deutschland das Judentum wächst, desto schwieriger ist es für diejenigen Rechten, die meinen, Judenhass praktizieren zu müssen. Überhaupt sollte man Parteien nicht überbewerten. Antisemitismus ist ein »Geschwür« der menschlichen Gesellschaft, das – wenn es zum Ausbruch kommt – erfolgreich durch Wissen, Verstand, Logik und Humanismus bekämpft werden muss. Auch in der AfD wird sich der Antisemitismus letztlich nicht durchsetzen. Dafür gibt es doch eine Mehrheit mit Verstand und nur eine Minderheit mit Dummköpfen. Und die Staatenlenker sollen sich immer dazu bekennen und danach handeln.
Klaus Illgen, Bergheim

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Meinung I
Ralf Balke: »Die Ambivalenzen des 20. Juli 1944. Längst nicht alle der Verschwörer um Stauffenberg taugen als Vorbilder«
Jüdische Allgemeine vom 20. Juli

Ich möchte Ihnen herzlich für den Artikel zum 20. Juli 1944 danken! Die kritiklose Verherrlichung der Widerständler um Stauffenberg – bei gleichzeitiger Ignoranz etwa gegenüber Georg Elser oder der sogenannten Roten Kapelle – hat mich schon immer gestört. Tatsache ist, dass die Operation Walküre ein mutiger Akt des Widerstands war und dass es viele aufrechte Nazigegner gab, die ein neues, ein besseres Deutschland wollten. Es ist aber auch Fakt, dass es gar nicht mal so wenige Personen gab, die – plakativ gesagt – den Faschismus vor den Nazis retten wollten. Diese Personen waren nicht gegen Hitler, weil er ein Verbrecher war, sondern weil er ein Versager war, der die ganze Sache an die Wand fahren würde. Entsprechend sahen deren Vorstellungen für die Zukunft ja auch aus: Hitler loswerden, einen Separatfrieden mit den Westmächten machen, den Krieg gegen die Sowjetunion fortsetzen und ansonsten wie Franco den Faschismus in die Nachkriegszeit hinüberretten. Ich fand es sehr erfreulich, dass Sie auf diese Ambivalenz und diesen Widerspruch aufmerksam gemacht haben.
Ralph Petroff (per E-Mail)

Ich nehme an, Sie kennen sich als Historiker aus und können sich vorstellen, dass es eine gewisse Zeit dauerte, die richtigen Leute an die richtigen militärischen Schaltstellen zu bekommen. Erlauben Sie mir zu sagen, dass ich dieses Argument, die Militärs hätten einfach nur gewartet, ob der Krieg vielleicht doch gewonnen werde, und erst gehandelt, als ihre Felle davonschwammen, für sehr einseitig und ziemlich unhistorisch halte. Schon die Kommentare unter dem Instagram-Post der Jüdischen Allgemeinen »Nein, er war kein Held« zeigen, dass auch einige Ihrer Leser gern auf den Zeitgeist-Zug des Pöbelns und der unsachlichen, emotionalen Auseinandersetzung aufspringen. Meine eigene Meinung ist, dass er weder Held noch Schurke war, sondern ein typisches Kind aus adligem Hause seiner Zeit und lange brauchte, um die »Mordgier des Regimes« (Zitat Ewald von Kleist) zu erkennen und aus dem altmodischen Gefühl der »Verpflichtung« stark motiviert war. Dass es zu spät war, denke ich, ist Konsens. Heute vermeintliche Motivationen zu unterstellen und nicht zu bedenken, dass jeder Mensch immer die Freiheit hat, sich zu ändern oder die Richtung zu ändern, auch in dieser Zeit, das gilt vielleicht nicht nur für Sophie Scholl, sondern auch für Stauffenberg. Die Quellenlage ist natürlich spärlich und wird nicht besser werden, denn ein Umsturzversuch in einer Diktatur braucht Verschwiegenheit, keine Beweise. Vieles bleibt so vielleicht Spekulation.
Martin Bringmann, Bischofsheim

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Identität
Philipp Peyman Engel: »Der Kostümjude. Als ebenso wortgewaltiger wie aggressiver Autor war der angeblich jüdische Publizist Fabian Wolff an vielen Debatten in der jüdischen Gemeinschaft beteiligt. Nun stellt sich heraus: Seine Jüdischkeit war komplett ausgedacht«
Jüdische Allgemeine vom 20. Juli

Ich habe Ihren Text verschlungen und das heutige Interview auf SWR2 gleich mit. Es ist so wichtig, dass Sie alles so klar sagen und aussprechen. Danke!
Elisabeth Wagner (per E-Mail)

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Nahost
Michael Thaidigsmann: »Fakes und Fakten. Warum missachten Medien so oft ihre eigenen Standards, wenn sie aus oder über Israel berichten? Ein Erklärungsversuch«
Jüdische Allgemeine vom 13. Juli

Heute Morgen las ich den Artikel von Michael Thaidigsmann über Desinformation in der deutschen Presse im Blick auf den Staat Israel. Dies kann ich als jemand, die drei Jahre dort gearbeitet hat und zweimal jährlich im Land ist, nur bestätigen. Gelebte Wirklichkeit hat mit den meisten Berichterstattungen nur wenig zu tun. Für mich ist das letztlich geschickt getarnter Antisemitismus, der raumgreifend ist. Für die klare und mutige Berichterstattung der JA bin ich dankbar.
Ulrike Steinseifer (per E-Mail)

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München
»Historischer Fund. Überreste der 1938 zerstörten Hauptsynagoge entdeckt«
Jüdische Allgemeine vom 5. Juli (online)

Das ist großartig. Unzutreffend ist jedoch die Behauptung, die Synagoge sei auf Befehl Hitlers abgebrochen worden. Sie wurde bereits im Juni 1938 auf Befehl des Gauleiters Adolf Wagner abgebrochen, der seinem »Führer« damit eine Freude machen wollte. Es war damals das erste in Deutschland zerstörte jüdische Gotteshaus. Interessant ist, dass man sich gleichzeitig nicht getraut hat, sich zum wahren Motiv wirklich zu bekennen. Einerseits »Schandfleck«, andererseits »verkehrstechnische Gründe«.
Ernst Piper, Berlin

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Politik
Rafael Seligmann: »Brauner Fleck. Nach dem AfD-Erfolg in Sonneberg gilt es jetzt, die Demokratie gegen Brandstifter und Mitläufer zu verteidigen«
Jüdische Allgemeine vom 29. Juni

Herr Seligmann hat recht, wenn er unter anderem schreibt: »Das Wahlergebnis ist keine ›Quantité négligeable‹. Knapp 15.000 Stimmen für eine rechtsradikale Partei in einem Landkreis dürfen nicht vernachlässigt werden. Es geht um jeden Bürger! Das Votum ist ein ›politischer Dammbruch‹. Wer jetzt weiterhin seinen Verstand in den braunen Sand steckt, macht sich mitverantwortlich für das Wiedererblühen der alt-neuen Nazi-Ideologie.« Die Einschläge häufen sich. Zehn Jahre nach ihrer Gründung hat die Ultrarechts-Partei (Höcke)-AfD erstmals in Deutschland ein kommunales Spitzenamt erobert. Nein, es war keine Protestwahl. Wer sich für eine rechtsextreme Partei entscheidet, weiß, was er wählt. Den zweiten Einschlag, nach Sonneberg, gab es am Sonntag, den 2. Juli, in Raguhn-Jeßnitz, Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Bei einer erneuten Stichwahl zum Bürgermeister gewann der Kandidat der AfD, Hannes Loth, mit 51,13 Prozent. Und, die »Brandmauer« wird auf kommunaler/lokaler Ebene auch nicht halten. Hoffentlich hält die Brandmauer auf Landes- und Bundesebene. (!) Wichtig ist vor allem, dass das demokratische Lager niemals die Rhetorik der AfD übernehmen sollte und darf. Thüringens Innenminister und SPD-Vorsitzender Georg Maier bezeichnete das Wahlergebnis als »Alarmsignal für alle demokratischen Kräfte«. Nein, Herr Maier, es ist kein Alarmsignal, es war ein Einschlag! Und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt spricht von einem »Warnschuss«. Nein, Frau Göring-Eckardt, es ist auch kein Warnschuss, es ist ein Einschlag! Wie viele Alarmsignale und Warnschüsse muss es noch geben? Die Einschläge häufen sich. Die antisemitischen, die rassistischen und antidemokratischen Auswüchse werden sich »normalisieren«. Die roten Linien werden verschoben; Deutschland wird dahin driften, wo halb Europa schon ist, nämlich bei den rechten Parteien. Vielleicht bringt man sich das »Nie wieder« erneut in Erinnerung! Deshalb muss die demokratische Mehrheit gegensteuern. Man sagt, Geschichte sei nicht wiederholbar, aber Ähnlichkeiten sollten angemahnt und festgestellt werden. Die Weimarer Republik war zum Ende hin schwach. Die Parteien geben sich gegenseitig die Schuld für Sesselmanns Sieg. Gefährlich. So bekämpft man die rechtsextreme AfD nicht. Das demokratische Lager sollte Strategien entwickeln, wie man politisch die AfD bekämpft und zurückdrängt. Und man rufe sich Folgendes in Erinnerung: erste Regierungsbeteiligung im Landtag 1930. Mit der Bildung der »Baum-Frick-Regierung« Anfang 1930 stellte die NSDAP erstmals in der Weimarer Republik in einer Landesregierung zwei Regierungsposten. Der spätere Reichsinnenminister Wilhelm Frick erhielt das Amt des Innen- und Volksbildungsministers im Land Thüringen.
Wolfgang Link, Hosenfeld

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Frankfurt
Laura Vollmers: »Ganz in Weiß. Die Gemeinde feiert zum 75. Jahrestag der Wiedergründung einen Kabbalat Schabbat im Palmengarten«
Jüdische Allgemeine vom 29. Juni

In dem Artikel wird von einem Kabbalat Schabbat gesprochen. In einer jüdischen Zeitung sollte aber unbedingt darauf geachtet werden, dass man keine falschen Begriffe verwendet: kabbala (kabbalat ist status constructus) ist weiblich und daher muss es eine Kabbalat Shabbat heißen. Bitte das den Redakteuren ans Herz legen!
Elvira Groezinger, Berlin

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Meinung II
Joshua Schultheis: »Aufklärung verträgt keinen Sparkurs. Mehrere Bundesländer wollen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) die Mittel kürzen. Ein Skandal, findet unser Redakteur«
Jüdische Allgemeine vom 27. Juni (online)

Aufrichtige Empörung, Entsetzen und regelrechte Wut sind meine Reaktionen auf die fast 2400 antisemitischen Vorfälle hierzulande, die das RIAS-Netzwerk im vergangenen Jahr dokumentiert hat. Ja, es ist so, der widerliche Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft einen festen Platz, und es ist auch leider richtig, dass Judenhass kein rechtes, sondern ein Querschnittsproblem darstellt. Von Rechten wie die AfD über Islamistinnen und Islamisten über sogenannte Linke, der Antisemitismus ist in diesem Lande immer und überall präsent. Und er zeigt sich in allen Sparten der Gesellschaft. Es sind wahrhaft traurige und gefährliche Ereignisse, von der Landratswahl in Sonneberg bis zu der jüngsten Dokumentation über Antisemitismus, die die Bundesrepublik Deutschland wieder prägen. Es ist höchste Zeit, dass dem Judenhass viel stärker als bisher entgegengetreten wird. Und das gilt für alle Formen, in denen sich Antisemitismus zeigt. Antisemitismus ist immer widerlich, gefährlich und menschenverachtend. Und denjenigen, die ohne nachzudenken die Hetze und den Hass predigen, die sich vielleicht schlimmstenfalls noch als links bezeichnen, sei gesagt, dass es keinen progressiven Antisemitismus gibt und Linkssein sich mit dem antisemitischen Appell an die niedersten Instinkte niemals vereinbaren lässt. Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben, denn davon sind schon viele abgelegt worden. In diesem Land, in dem die Schoa wütete und die Menschenverachtung staatlicherseits betrieben wurde, müssen Anti-Judaismus und Antisemitismus geächtet werden, und es wird darauf ankommen, diese Lehre aus dem Holocaust auch an kommende Generationen noch weiterzugeben und ein emotionales Klima herzustellen, das eindeutig für Jüdinnen und Juden Partei ergreift. Wir müssen einen Zustand erreichen, in dem jüdische und israelische Einrichtungen nicht mehr von der Polizei geschützt werden müssen, sondern in denen Jüdinnen und Juden mit aufrechtem Gang ihren Glauben leben können. Doch offensichtlich ist Pessimismus angebracht, weil jüdische Bürgerinnen und Bürger in diesem Deutschland des Jahres 2023 nicht mehr sicher sind. Mein Vokabular reicht nicht aus, um auszudrücken, in welche Trauer mich diese Tatsache versetzt.
Manfred Kirsch, Neuwied

Leserbriefe sind keine redaktionelle Meinungsäußerung. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.

Anschlag von Magdeburg

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