Im Prozess um den Mord an der jüdischen Schülerin Susanna aus Mainz hat die Anklage lebenslange Haft für den angeklagten Ali B. gefordert. In ihrem Plädoyer vor dem Landgericht Wiesbaden beantragte Staatsanwältin Sabine Kolb-Schlotter am Dienstag zugleich die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld für den irakischen Asylbewerber.
Das würde eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ausschließen. Auch die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung im Anschluss an die Strafverbüßung solle sich das Gericht vorbehalten, um zu einem späteren Zeitpunkt prüfen zu können, ob die Voraussetzung eines Hangtäters bei dem Angeklagten vorliege.
MITHÄFTLING Der heute 22 Jahre alte Ali B. hatte gleich zu Beginn der seit 12. März laufenden Gerichtsverhandlung die Tötung des 14-jährigen Mädchens gestanden. Die ihm von der Anklage zur Last gelegte Vergewaltigung vor dem Mord am 22. Mai vergangenen Jahres bestritt er dagegen und sprach von einvernehmlichem Sex. Nach einer Zeugenaussage in dem Prozess soll er aber auch die Vergewaltigung einem Mithäftling gegenüber zugegeben haben.
Selbst bei der Begehung des Tatorts habe Ali B. noch scherzhaft gefragt, ob das Mädchen immer noch in dem Erdloch begraben liege.
Die Staatsanwältin räumte ein, dass dieser Aussage wegen des möglichen Versuchs des Häftlings, sich selbst bessere Voraussetzungen in seinem eigenen Verfahren zu schaffen, keine große Bedeutung zukomme. Es sei aber ganz klar, dass die Voraussetzung für eine Vergewaltigung schon durch die Arg- und Wehrlosigkeit des Mädchens bei dem vom Täter verlangten Sex nachts in dem abgelegenen Waldstück vorgelegen habe. Sie habe auch keinerlei Fluchtmöglichkeit gehabt.
Als Mordmerkmale nannte Kolb-Schlotter sowohl die Verdeckung dieser somit auch ohne heftige Gegenwehr vorliegenden Vergewaltigung als auch Heimtücke. Zeugenaussagen aus Susannas Freundeskreis und auch dem des Angeklagten selbst hätten eindeutig belegt, dass das Mädchen weder ein Verhältnis mit Ali B. noch gar Geschlechtsverkehr mit ihm gewollt habe. Im Gegenteil habe die Schülerin einen klaren Widerwillen gegen den Angeklagten und sogar Angst vor ihm gehabt, wie noch aus einer SMS an ihre Freundin in der Tatnacht gezeigt habe.
EMOTIONEN Die Staatsanwältin begann ihr mehr als zwei Stunden dauerndes Plädoyer mit dem Wort »kaltblütig«. So wolle sie Ali B. beschreiben, der im ganzen Prozess und auch in seinem persönlichen Verhalten nach der Tötung Susannas weder Reue noch irgendwelche Emotionen gezeigt habe.
Selbst bei der Begehung des Tatorts habe er noch scherzhaft gefragt, ob das Mädchen immer noch in dem Erdloch begraben liege, den er – vermutlich mit einem oder mehreren Helfern – nach dem Mord zur Beseitigung des Leichnams seines Opfers gegraben hatte. Und die Tötung Susannas habe er geschildert, »als würde er die Zubereitung einer Spargelsuppe beschreiben«.
Die Staatsanwältin beantragt unter anderem lebenslange Haft für den Mord und fünf Jahre für die Vergewaltigung.
Zulasten des Angeklagten führte die Staatsanwältin auch an, dass er von dem Mädchen noch die Herausgabe des Handys und des zugehörigen Codes erzwungen habe. Damit habe er der Mutter später Kurznachrichten geschickt, in denen die in Wahrheit schon ermordete Susanna vorgeblich selbst schrieb, sie sei in Paris. Für eine geplante Tat spreche auch, dass Ali B. in der Tatnacht wenige Stunden vor dem Mord wahrheitswidrig Freunden schrieb, diese sei bereits gegangen.
SCHULD Konkret beantragte die Staatsanwältin lebenslange Haft für den Mord, fünf Jahre für die Vergewaltigung und sechs Jahre für einen mitangeklagten schweren Raub mit Körperverletzung an einem Mann im Wiesbadener Kurpark wenige Wochen vor der Tötung Susannas. Die Forderung nach Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld begründete sie unter anderem damit, dass die Triebfeder von Ali B. allein die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse gewesen sei. All die vielen Mädchen, mit denen er in Deutschland Kontakt hatte, seien für ihn nur »Schlampen« gewesen, auch das Mordopfer Susanna. Geradezu unglaublich sei die Äußerung gegenüber einer Gutachterin, er habe ja »nur ein Mädchen« getötet.
Der Angeklagte war Tage nach der Bluttat im kurdischen Teil des Iraks festgenommen und den deutschen Sicherheitsbehörden übergeben worden. Der Chef der deutschen Bundespolizei, Dieter Romann, brachte ihn seinerzeit persönlich vom Irak nach Deutschland. Das Urteil will die zuständige Kammer des Landgerichts Wiesbaden unter Richter Jürgen Bonk am Mittwoch kommender Woche, 10. Juli, verkünden. epd/ja