Ralf Balke

Le Chaim, Ostritz!

Ralf Balke Foto: Marco Limberg

Es geht also doch! Widerstand gegen die Feinde der offenen Gesellschaft ist möglich. Und er kostet nur wenige Euro und ein Lächeln an der Supermarktkasse.

Einziges Risiko dabei ist vielleicht ein veritabler Kater. Aber der Reihe nach: Als am vergangenen Wochenende einige Hundert Rechtsextreme zum »Schild und Schwert«-Festival – szeneintern deshalb gerne auch »SS-Festival« genannt – in der ostsächsischen 2300-Seelen-Gemeinde Ostritz in der Nähe von Görlitz zusammenkamen, saßen sie sprichwörtlich auf dem Trockenen. Erst verhängte die Polizei ein Alkoholverbot und konfiszierte 4200 Liter Bier.

Supermarkt Dann aber sorgten die Bewohner selbst dafür, dass die Rechtsextremen garantiert nichts zu trinken finden und kauften die gesamten Biervorräte des lokalen Supermarkts auf. Ohne Sprit nichts los, dachten sich wohl nicht wenige der angereisten Neonazis und machten sich vorzeitig wieder auf den Heimweg.

Durch ihre Aktion wollten die Ostritzer zeigen, dass sie mit dem braunen Musikspektakel in ihrer Gemeinde ganz und gar nicht einverstanden sind. »Eine tolle und zugleich innovative Aktion«, freut sich auch Sachsens Landesrabbiner Zsolt Balla.

»Aber vor allem war sie klug. Denn unseren Widerstand betrachten die Gegner der Demokratie allzu oft als eine Legitimation für ihr Handeln. Genau das konnte in Ostritz aber nicht funktionieren.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Gesellschaft Zudem setzte das Dorf damit ein Zeichen – angesichts des dröhnenden Schweigens derzeit, das in weiten Teilen der Gesellschaft zu vernehmen ist, eine willkommene Abwechslung.

Denn kaum ein Tag vergeht, an dem nicht von Übergriffen auf Juden in Deutschland zu hören ist. Reaktionen jenseits der verbalen »Harte Kante«- und »Kein Fussbreit dem Judenhassern«-Appelle? Fehlanzeige! Dann lieber Trinken gegen die Neonazis und Islamisten.

Der Autor ist Journalist in Tel Aviv und Berlin.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert