Zum Auftakt der Kundgebung »Steh auf! Nie wieder Judenhass!« hat Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, ein konsequentes Vorgehen gegen antisemitische Ausbrüche und öffentlich gebrüllte Parolen wie »Juden ins Gas« gefordert. Juden in Deutschland und in ganz Europa hätten in den vergangenen Wochen »gewiss kein Sommermärchen« erlebt, sagte der Zentralratspräsident am Sonntagnachmittag vor mehreren Tausend Menschen am Brandenburger Tor in Berlin: »Genug ist genug! Das wollen wir uns einfach nicht mehr gefallen lassen.«
Die traurige Wahrheit sei es, dass überwiegend muslimische Fanatiker solche Parolen gebrüllt hätten, so der Zentralratspräsident weiter. Er wisse, dass die meisten Muslime anders dächten. Dass in den vergangenen Wochen in Deutschland Moscheen angegriffen wurden, »das tut uns allen weh … und das verurteilen wir gemeinsam von Herzen«, betonte Graumann.
Muslime Tatsache sei aber auch, dass die muslimischen Verbände »sehr viel mehr« tun müssten, um diesen »wirklich katastrophalen Judenhass« in ihren Reihen zu bekämpfen, forderte der Zentralratspräsident.
In ganz Europa seien unter dem Vorwand des Gaza-Krieges Synagogen angegriffen und jüdische Menschen bedroht worden. Nicht nur bei Demonstrationen, sondern auch in sozialen Netzwerken werde Hass über Juden ausgegossen. Antisemitische Ausbrüche und Angriffe würden mit dem Gaza-Konflikt begründet, doch es sei »der reine, widerwärtige Antisemitismus pur und sonst gar nichts«, wenn gebrüllt werde, dass Juden »vergast«, »verbrannt« oder »geschlachtet« werden sollten oder Juden als Schweine beschimpft würden, sagte Graumann. Mit Israel habe das Ganze gar nichts zu tun: »Wer wegen Israel zum Antisemiten wird, der war doch schon längst einer.«
In vielen Blogs sei in diesen Wochen immer wieder zu lesen gewesen, Juden sollten sich die Freiheit von Antisemitismus sozusagen »verdienen«, indem sie sich von Israel distanzierten. »Das ist aber ein Preis, den wir ganz bestimmt nicht zahlen werden«, erklärte Graumann. Juden seien gegenüber Israel nicht neutral. »Und deshalb werden unsere Herzen immer sein mit den Menschen in Israel. Keine Macht der Welt wird daran etwas ändern können!«
Naher Osten Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland wünsche sich Frieden im Nahen Osten, doch niemand wisse, wann der ersehnte Frieden kommen wird. »Wir wissen aber genau: Wir wollen nicht in zwei, drei Jahren schon wieder hier stehen«, betonte Graumann. Ganz Deutschland solle »Antisemitismus-und-Rassismus-freie Zone sein – und es auch bleiben«.
Auch Bundespräsident Joachim Gauck, mehrere Bundesminister und viele Führungskräfte von Kirchen und Verbänden waren zu der Kundgebung am Brandenburger Tor gekommen. Die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde gegen 16.15 Uhr erwartet.