Kaum geschlüpft, werden sie geschreddert »wie Altpapier«: männliche Küken. 40 Millionen in einem Jahr. Ein Skandal? Nein. Wie das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte, kein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Ihre Aufzucht wäre unrentabel.
Seit je ist das Tierschutzgesetz ein Cocktail aus Verdrängung, Wahrnehmungsabwehr, Verleugnung, Verdrehung und einer eigentümlichen (Un)Logik: Wer sein Meerschweinchen quält, wird bestraft. Wer dies in großem Maßstab tut und aus wirtschaftlich »vernünftigen« Gründen, wird nicht belangt. Das Tierschutzgesetz bildet ein Zweiklassensystem ab: Tiere, die als lebensunwert gekeult werden, und solche, die leben, um geschlachtet zu werden.
Die Halacha fordert ein Umdenken. Tieren darf kein unnötiger Schmerz zugefügt werden.
gebote Als Juden sind wir fein raus. Die jüdische Ethik schützt das Recht der Tiere als nefesch chaya, als beseelte und empfindsame Lebewesen. Das Schreddern von Küken ist ein Frevel und verletzt mehrere Gebote von Tza’ar Ba’alei chayim (das Verbot, Tieren Schmerz zuzufügen). Tiere dürfen nicht grundlos getötet werden (Ohr Hachaim Hakadosch, Wajikra 17, 11).
Ihnen darf kein unnötiger Schmerz zugefügt werden (Minchat Chinuch 90). Und Bal Taschchit, das Gebot, nicht zu zerstören und zu vergeuden, verbietet auch Kükenschreddern. Die weltweite Gier nach Fleisch steht im Widerspruch zu Bereschit 1, 29–30: Der Mensch wird aufgefordert, sich von Pflanzen, Früchten und Nüssen zu ernähren.
Dass Fleisch überhaupt erlaubt wird, geschieht aus Rücksicht auf die Schwächen des Menschen (Bereschit 9, 2–3). Die Kaschrut-Vorschriften erschweren den Konsum von Fleisch und verbieten Tierarten und Tötungsweisen wie die Jagd oder das Töten im Akkord in Anwesenheit anderer Tiere. Doch es zeigt sich: Auch die Koscherfleisch-Produktion gehorcht den Marktgesetzen; Ethik wird zum Kostenfaktor.
Auch die jüdischen Verbraucher haben nur eine saubere Option: Verzicht, mindestens Verringerung des Konsums von Fleisch.
tikkun olam Die Halacha fordert ein Umdenken. Schreddern ist das Symptom einer weltweit um sich greifenden destruktiven Lebensweise, die Körper und Seele ebenso wie die Schönheit und Heiligkeit des Lebens zerstört. Das ruft Tikkun Olam und Schomer ha Adama auf den Plan, den Schutz des Planeten, der Natur und aller Lebewesen.
Daher haben auch die jüdischen Verbraucher nur eine saubere Option: Verzicht, mindestens Verringerung des Konsums von Fleisch und Tierprodukten. Israel liegt mit 13 Prozent Veganern voll im Trend. Die jüdischen Gemeinschaften hierzulande könnten sich eine Scheibe davon abschneiden ... koscher natürlich und aus leckerer Pflanzenpastrami.
Die Autorin ist Publizistin, Psychologin, Tierrechtsethikerin sowie Malerin und betreibt die Website tierimjudentum.de.