Herr Könighaus, Sie sind seit November 2015 Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Was sind Ihre wichtigsten Herausforderungen?
Ich bin meinem Vorgänger Reinhard Robbe und dem Auswärtigen Amt sehr dankbar, dass sie eine institutionelle Förderung der DIG bewirkt haben. Das ist ein großer Segen, weil es unsere Möglichkeiten enorm erweitert hat, aber es bringt auch eine große Einschränkung für unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter mit sich: Die Bundes-DIG muss die Mittel an die regionalen Arbeitsgemeinschaften verteilen und alle Projekt- und Veranstaltungsanträge sorgfältig prüfen. Und unsere Mitarbeiter, die viel Herzblut in ihre Arbeit stecken, beschweren sich darüber, dass sie selbst die letzte Tasse Kaffee dokumentieren und abrechnen müssen. Es gibt auch einige regionale AGs, die unter dem Dach der DIG als eigenständige Vereine arbeiten wollen.
Wie gehen Sie das Problem an?
Wir wollen einerseits so viel Freiraum wie möglich gewähren und andererseits natürlich die rechtlichen Vorgaben beachten. Eine Zukunftskommission der DIG erarbeitet derzeit eine neue Satzung. Innerhalb unserer Gesellschaft gibt es sehr heterogene Vorstellungen, wie sie aussehen sollte. Bisher habe ich mich aus den Treffen herausgehalten, aber bei der nächsten Sitzung soll es erste Ergebnisse geben, und das will ich mir anhören. Auf der Jahreshauptversammlung im September wollen wir dann die neue Satzung beschließen.
Das klingt ehrgeizig, wenn man die Schwierigkeiten im Vorfeld kennt ...
Ja, das ist ehrgeizig, aber große Probleme werden nicht dadurch kleiner, dass man mit der Lösung wartet.
Sie bezeichnen die Vorstellungen innerhalb der DIG als heterogen. Gilt das auch für die Haltung gegenüber Israel? Gibt es Mitglieder, die solidarisch mit Israel sind, aber über die Politik Jerusalems diskutieren wollen?
Es gibt natürlich unterschiedliche Auffassungen, aber insgesamt gibt es keinen Zweifel daran, dass wir Israel als Ganzes und als jüdischen Staat unterstützen. Meine persönliche Haltung ist: Kritik an Israel können wir den Kritikern Israels überlassen, sowohl in Israel als auch in Deutschland.
Wie sehen Sie Ihre Aufgabe?
Wir wollen vor allem um Verständnis werben. Vieles in Israel muss vor dem Hintergrund der enormen Bedrohung des Landes gesehen werden. Nachdem Israel auf vielfältigen Druck den Gazastreifen geräumt hat, wurden den abziehenden Truppen und Siedlern keine Blumen hinterhergeworfen, sondern es flogen Raketen. Wenn man auf der Westbank ähnliche Verhältnisse wie im Gazastreifen hätte, wäre das angesichts der enormen Bedrohung durch Terroristen fatal. Man muss also schon Verständnis für die Situation Israels aufbringen. Israel hat leider in Europa immer weniger Freunde. Und in Deutschland traut man sich nicht, die EU-Richtlinien über die Kennzeichnungspflicht für Produkte aus besetzten Gebieten als das zu bezeichnen, was sie sind: Sanktionen gegen Israel.
Wie wollen Sie gute Beziehungen zwischen jungen Deutschen und Israelis pflegen?
Ich habe das Auswärtige Amt und das Familienministerium gebeten, eine staatliche Institution für den Jugendaustausch mit Israel zu schaffen, ähnlich wie mit Frankreich und Polen. Israel liegt nicht vor der Tür, Reisen sind aufwendig und teuer, und wir sollten diesen Austausch sehr bewusst unterstützen.
Mit dem FDP-Politiker, ehemaligen Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags und Vorsitzenden der DIG sprach Ayala Goldmann.