Meinung

Koscher im Knast

Michael Wuliger Foto: Marco Limberg

Wer fromm und in Berlin in Haft ist – das eine schließt das andere nicht zwingend aus –, hat neben vielen anderen Problemen auch eines mit der Ernährung. Koscheres Essen gibt es im Gefängnis nicht. Dort gilt die Strafvollzugsordnung, nicht die Halacha.

Zwar bieten die Justizvollzugsanstalten neben der Anstaltsnormalkost auch schweinefleischfreies Essen für muslimische Insassen an, an dem auch jüdische Knackis partizipieren können, sozusagen im abrahamitischen Huckepackverfahren. Aber richtig koscher ist das nicht. Gläubigen Juden ist nur der Verzehr von Fleisch gestattet, das nach jüdischen religiösen Vorschriften geschächtet worden ist.

strafe In den USA hat es vor ein paar Jahren ein jüdischer Häftling in ähnlicher Situation geschafft, deshalb aus der Haft entlassen zu werden. Der Leitung seines Knasts war es zu aufwendig gewesen, ihn nach den komplizierten Regeln der Kaschrut zu verpflegen. Er klagte, und das Gericht urteilte, dass sein Recht auf freie Religionsausübung höher wiege als der Strafanspruch des Staates. In Deutschland kann man leider diese koschere »Du kommst aus dem Gefängnis frei«-Karte nicht spielen. Die Justizvollzugsbehörden sind nach hiesiger Rechtsprechung nicht verpflichtet, Gefangenen eine nach den Vorschriften ihrer Religion entsprechende Kost zu verabreichen.

Gesetzestreue (im Sinn der Religion, nicht des Strafrechts) jüdische Häftlinge können allerdings über den sogenannten Gefangeneneinkauf koschere Lebensmittel von draußen ordern. Demnächst soll ihnen auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich im Weg der »Einzelselbstverpflegung« glaubensgemäß zu ernähren und koschere Mahlzeiten in ihre Zellen zu bestellen.

fleischlos Beides allerdings auf eigene Kosten. Das aber können sich wohl nur Insassen leisten, die wegen Wirtschaftsdelikten oder anderer lukrativer Straftaten einsitzen. Für den gewöhnlichen jüdischen Kleinkriminellen bleibt nur die Empfehlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, sich mit fleischloser Anstaltskost zu begnügen. Auch im Gefängnis geht es nicht sozial gerecht zu.

Vielleicht finden sich ja großherzige Spender, die einsitzenden Glaubensgenossen Gefilte Fisch und Rinderbraten sponsern. Aber so weit muss die Zedaka nicht gehen. Die Knackis sollen aufhören zu kvetchen: Früher gab’s im Knast nur Wasser und Brot.

Der Autor ist Publizist in Berlin.

Berlin

Hisbollah-Anhänger bei Razzia in Neukölln festgenommen

Der Mann habe sich nach den Hamas-Massakern im Libanon ausbilden lassen, um gegen Israel zu kämpfen

 15.04.2025

Krieg in Gaza

»Fatwa«: Islamische Gelehrte rufen zum Dschihad gegen Israel auf

Ein in London ansässiger Verband hetzt gegen Israel. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft sieht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit auch in Deutschland

von Michael Thaidigsmann  15.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Buchenwald-Gedenken

»Nehmen wir doch bitte das Gift aus der Debatte!«

Nach dem Eklat um die abgesagte Rede Omri Boehms sieht sich Jens-Christian Wagner scharfer Kritik seitens des israelischen Botschafters ausgesetzt. Wie blickt der Gedenkstättenleiter auf die heftige Diskussion der vergangenen Tage? Ein Interview

von Michael Thaidigsmann  15.04.2025 Aktualisiert

Berlin

Rekordzahl an Fällen von Hass auf Sinti und Roma

Hass und Diskriminierung in Bezug auf Sinti und Roma bleiben in der Hauptstadt auf einem erschreckend hohen Niveau. Dabei werden nicht einmal alle Fälle erfasst

 15.04.2025

Extremismus

Schüler aus Görlitz zeigen in Auschwitz rechtsextreme Geste

In sozialen Medien kursiert ein Foto des Vorfalls. Die Schulleitung reagiert prompt. Wie sehen die Konsequenzen für die Jugendlichen aus?

 14.04.2025

Recherche

Keine besten Freunde

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat die Unvereinbarkeit mit der AfD beschlossen. Nun soll der Vereinsausschluss des Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah folgen

von Joshua Schultheis  14.04.2025

Europa

Spanien stellt Teilnahme Israels am Musikwettbewerb ESC infrage

Beim Eurovision Song Contest soll es eigentlich um Musik gehen. Doch die Politik spielt immer öfter mit hinein. Aktuell droht eine neue Debatte um Israel. Grund ist der Krieg im Gazastreifen

 14.04.2025