Wer fromm und in Berlin in Haft ist – das eine schließt das andere nicht zwingend aus –, hat neben vielen anderen Problemen auch eines mit der Ernährung. Koscheres Essen gibt es im Gefängnis nicht. Dort gilt die Strafvollzugsordnung, nicht die Halacha.
Zwar bieten die Justizvollzugsanstalten neben der Anstaltsnormalkost auch schweinefleischfreies Essen für muslimische Insassen an, an dem auch jüdische Knackis partizipieren können, sozusagen im abrahamitischen Huckepackverfahren. Aber richtig koscher ist das nicht. Gläubigen Juden ist nur der Verzehr von Fleisch gestattet, das nach jüdischen religiösen Vorschriften geschächtet worden ist.
strafe In den USA hat es vor ein paar Jahren ein jüdischer Häftling in ähnlicher Situation geschafft, deshalb aus der Haft entlassen zu werden. Der Leitung seines Knasts war es zu aufwendig gewesen, ihn nach den komplizierten Regeln der Kaschrut zu verpflegen. Er klagte, und das Gericht urteilte, dass sein Recht auf freie Religionsausübung höher wiege als der Strafanspruch des Staates. In Deutschland kann man leider diese koschere »Du kommst aus dem Gefängnis frei«-Karte nicht spielen. Die Justizvollzugsbehörden sind nach hiesiger Rechtsprechung nicht verpflichtet, Gefangenen eine nach den Vorschriften ihrer Religion entsprechende Kost zu verabreichen.
Gesetzestreue (im Sinn der Religion, nicht des Strafrechts) jüdische Häftlinge können allerdings über den sogenannten Gefangeneneinkauf koschere Lebensmittel von draußen ordern. Demnächst soll ihnen auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich im Weg der »Einzelselbstverpflegung« glaubensgemäß zu ernähren und koschere Mahlzeiten in ihre Zellen zu bestellen.
fleischlos Beides allerdings auf eigene Kosten. Das aber können sich wohl nur Insassen leisten, die wegen Wirtschaftsdelikten oder anderer lukrativer Straftaten einsitzen. Für den gewöhnlichen jüdischen Kleinkriminellen bleibt nur die Empfehlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, sich mit fleischloser Anstaltskost zu begnügen. Auch im Gefängnis geht es nicht sozial gerecht zu.
Vielleicht finden sich ja großherzige Spender, die einsitzenden Glaubensgenossen Gefilte Fisch und Rinderbraten sponsern. Aber so weit muss die Zedaka nicht gehen. Die Knackis sollen aufhören zu kvetchen: Früher gab’s im Knast nur Wasser und Brot.
Der Autor ist Publizist in Berlin.