Herr Minister, die Leitlinien der Europäischen Union zu Förderprogrammen für Israel sind in Jerusalem auf Kritik gestoßen. Konnten Sie der israelischen Regierung, die eine »Klärung« der Frage wünschte, die Position Brüssels und Berlins deutlich machen?
Ich habe dafür geworben, dass jetzt konstruktive direkte Gespräche zwischen der israelischen Regierung und der EU-Kommission stattfinden, um pragmatische Lösungen zu finden. Die EU-Kommission hat dafür in dieser Woche Vertreter nach Israel entsandt.
Eine Klärung schien nötig, denn der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, hatte unlängst noch erklärt, die Bundesregierung habe sich von den Leitlinien distanziert. Ein Missverständnis?
Deutschland möchte, dass die EU die intensive Zusammenarbeit im Forschungsbereich mit Israel fortsetzt. Die Kommission sagt, dass ihre Leitlinien sich im Rahmen des Beschlusses der EU-Außenminister von Dezember 2012 bewegen und der völkerrechtlichen Haltung aller EU-Staaten entsprechen. Eine konstruktive Einigung sollte also möglich sein.
Wie bewerten Sie die Aussage des Wirtschaftsministers Naftali Bennett, Parteivorsitzender von »Das Jüdische Haus«, der ein Ende der Kooperation mit der Europäischen Union fordert?
Israel und die EU sind enge Partner auch in der Spitzenforschung. Wir haben durch Zusammenarbeit beide viel zu gewinnen. Das letzte gemeinsame Forschungsprogramm zwischen Israel und der EU hatte ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro. Es liegt in beiderseitigem Interesse, diese Kooperation fortzusetzen.
Wird sich Israel an dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation »Horizon 2020« – wie geplant – beteiligen?
Ich würde mir das wünschen. Universitäten und Forschungsinstitute in Europa und in Israel brauchen diese Unterstützung, damit ihre Zusammenarbeit auch in Zukunft Erfolg haben kann. Es ist eine Kooperation, die beiden Seiten nützt und fortgesetzt werden sollte.
Im Mittelpunkt Ihres Besuches am Sonntag und Montag in Israel stand die Wiederaufnahme der direkten israelisch-palästinensischen Friedensgespräche. Welche Chance räumen Sie diesen Gesprächen ein?
Die Wiederaufnahme der direkten Gespräche birgt endlich wieder die Chance auf konkrete Fortschritte auf dem Weg hin zu einer Zweistaatenlösung. Eine solche Lösung ist aus unserer Sicht notwendig, um dauerhaften Frieden und Sicherheit für Israel zu erreichen. Und sie ist möglich, wenn es gelingt, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und beide Seiten mit der nötigen Kompromissbereitschaft an die Gespräche herangehen. Deutschland ist bereit, diesen Verhandlungsprozess in jeder sinnvollen Weise zu unterstützen.
Das Interview mit dem Bundesaußenminister führte Detlef David Kauschke.