Laut einer Analyse von Forschern um Harvard-Professor Daniel Ziblatt hält keine der größeren Parteien die Brandmauer zur zumindest in Teilen rechtsextremistischen AfD durchgehend aufrecht. Das Forscherteam wertete dafür im Auftrag des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung 11.053 Sitzungen von Kreistagen und Stadträten zwischen Mitte 2019 und Mitte 2024 aus.
Demnach kam es in knapp 19 Prozent der Fälle zu einer direkten Kooperation mit der AfD, so der »Spiegel«, dem die Daten vorab vorlagen.
Von insgesamt 4968 Anträgen, die die AfD im untersuchten Zeitraum stellte, bekamen demnach 934 die Zustimmung anderer Parteien. Fälle, in denen sich Parteien die Mehrheit über AfD-Stimmen sicherten, seien nicht berücksichtigt worden.
Fraktionslose Abgeordnete von Kleinstparteien
Auch mussten für die Wertung als »Kooperation« mindestens zehn Prozent der Nicht-AfD-Vertreter einem AfD-Antrag zustimmen. Aufgrund der beschränkten Datenlage in einigen Kreisen sei die Schätzung der Kooperationen »eher konservativ«.
Besonders häufig kooperierten fraktionslose Abgeordnete von Kleinstparteien wie den Freien Wählern mit der AfD (86,5 Prozent), danach folgten FDP-Abgeordnete (38,6 Prozent), CDU-Abgeordente (38,4 Prozent), SPD (32,1 Prozent) und Grüne (29,5 Prozent). Am wenigsten arbeiteten Abgeordnete der Linkspartei (21,1 Prozent) mit der AfD zusammen.
Ein weiteres Ergebnis lautete: Es gibt keine wesentlichen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Allerdings würde in ostdeutschen Landkreisen AfD-Anträgen tendenziell häufiger zugestimmt als in kreisfreien Städten.
Am häufigsten seien, so das Forscherteam, in Sachsen-Anhalt (27 Prozent) Kooperationen eingegangen worden, gefolgt von Rheinland-Pfalz (24,7 Prozent) und Hessen (24,3 Prozent). Allerdings handele es sich nicht um Kreise, in denen die AfD stark vertreten oder besonders aktiv sei. kna/ja