Es begann mit einer kleinen Höflichkeitspause. Auf die erste Frage von Moderator Jan Philipp Burgard im sogenannten TV-Duell zögerten Alice Weidel und Sahra Wagenknecht eine Sekunde lang freundlich und ließen sich gegenseitig den Vortritt. Dann legten die AfD-Chefin und die Gründerin des Bündnisses Sahra Wagenknecht aber doch noch los im Studio von Welt TV. Und je länger es dauerte, desto streitiger wurde das Ganze.
»Da hat Frau Wagenknecht völlig recht«
Das Duell der beiden Spitzenfrauen war auch ein Warmlaufen für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. In Umfragen steht die AfD bundesweit bei 17 bis 20 Prozent, das BSW bei 7 bis 9 Prozent. Zwar hat keine der beiden aktuell Aussicht, im Bund mitzuregieren. Aber nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland sehen sich beide Parteien gerade auf einer Erfolgswelle.
Weidel trat wie sehr oft in gedeckten Farben auf - dunkelblauer Blazer, Perlenkette. Wagenknecht hatte sich für das neongrüne Kostüm entschieden. Zu Beginn schien das fast der größte Kontrast zwischen den beiden Parteivorsitzenden zu sein.
Wirtschaft, Bildung, Nahost, Ukraine: Bei vielem schienen sich Weidel und Wagenknecht erstmal ziemlich einig. »Da hat Frau Wagenknecht völlig recht«, sagte Weidel etwa zur Kritik an hohen Energiekosten und maroder Infrastruktur. Wagenknecht revanchierte sich mit einem »Da bin ich d’accord«, als es um Einsparmöglichkeiten im Haushalt ging.
»Ein bisschen billig«
Wagenknecht plädierte für die Nutzung von russischem Gas und nannte die Russland-Sanktionen ein Eigentor. Beim Thema Ukraine betonte Wagenknecht, man müsse dringend versuchen, einen Verhandlungsfrieden herbeizuführen. »Die Ukraine wird diesen Krieg nicht gewinnen können, sondern man muss verhandeln.« Weidel sagte: »Das sind AfD-Positionen, wie wir sie von Anfang an vortragen.« Das finde sie jetzt »ein bisschen billig«, entgegnete Wagenknecht.
Moderator Burgard versuchte immer wieder, auch die Unterschiede herauszuarbeiten - und fand sie unter anderem beim Thema Schulden. Wagenknecht sprach sich für Kredite für Investitionen in die Infrastruktur aus. Weidel pochte auf die Schuldenbremse. Beim Krieg in Nahost stelle sich die AfD einseitig an die Seite der israelischen Regierung, sagte Wagenknecht. Weidel betonte, jedes Land habe ein Recht auf Selbstverteidigung. Einig waren sich beide, dass Deutschland keine Waffen an Israel liefern solle.
Breitseiten gegen Höcke - »finde es so gruselig«
Beim Thema Migration allerdings gerieten die beiden dann richtig aneinander. Zwar stimmen AfD und BSW in der Migrationspolitik eigentlich in der Forderung nach einem härteren Kurs überein. Wagenknecht warf Weidel aber vor, bei dem Thema Ressentiments zu schüren und sich von Rechtsextremisten in ihrer Partei einspannen zu lassen.
Sie nannte dabei immer wieder Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke. Minutenlang las Wagenknecht aus einem Buch Höckes vor, wo er unter anderem von »wohltemperierten Grausamkeiten« spreche. Die BSW-Chefin kam zu dem Schluss: »Ich finde es so gruselig.« Auf Nachfragen des Moderators schloss sie »natürlich« eine Koalition mit Leuten aus, die im »Neonazi-Sumpf« steckten.
Weidel teilte daraufhin ihrerseits gegen Wagenknecht aus und meinte, diese sitze beim Thema Extremismus im Glashaus. Weidel warf Wagenknecht in dem Zusammenhang vor, in der kommunistischen Plattform der Linken gewesen zu sein. Wagenknecht tat dies als eine Art Jugendsünde ab und betonte, sie vertrete jetzt ganz andere Positionen und Weidel möge doch bitte richtig zitieren.
Das Ende versöhnlich
Nach Angaben von Moderator Burgard war es das erste Mal, dass beide Parteivorsitzende live in einem Duell aufeinander trafen. Weidel beklagte sich im Verlauf der Sendung mehrfach, dass Wagenknecht ausführlicher habe antworten dürfen. Wagenknecht ging die AfD-Chefin häufiger direkt an und warf ihr zum Beispiel einen unfairen Umgang mit dem BSW vor. Es ging darum, dass Weidel der neuen Partei vorgehalten hatte, ein »Steigbügelhalter« für etablierte Parteien zu sein.
Am Ende aber fanden dann doch beide wieder einen respektvollen Ton. Burgard fragte sie nach einer Einschätzung der jeweils anderen und nach Einstufung auf einer Rechts-links-Skala. »Ich glaube, Frau Weidel vertritt konservative Positionen«, sagte Wagenknecht versöhnlich. Das Problem sei nur, dass »die Höckes« in der AfD dominierten.
Weidel sagte ihrerseits: »Ich finde an Frau Wagenknecht sehr gut, dass sie die Sachen doch differenziert sieht« - und: »Ich glaube, sie hat ein sehr ausgewogenes Profil.« Und dann war es auch schon vorbei.