Als eine »fundamentale Geste der Menschlichkeit« war es gedacht. Doch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und ihr Eigentümer, das Land Berlin, haben nun eine Anzeigenreihe des Meinungsportals »Salonkolumnisten« untersagt, mit der dieses in Berlin-Mitte auf die knapp 200 von der Hamas aus Israel verschleppten Geiseln aufmerksam machen wollte.
Am vergangenen Dienstag fragte der Geschäftsführer der Salonkolumnisten, David Harnasch, bei der Wall AG an, ob es möglich sei, Plakate mit den Gesichtern der Entführten als Display-Werbung zu veröffentlichen: »Im Wissen, dass eurem Gründer Hans Wall das Eintreten gegen jeden Antisemitismus ein lebenslanges Anliegen war, wollte ich anfragen, was es kosten würde, in den nächsten Wochen die Vermisstenanzeigen der durch die Hamas entführten Israelis auf Wall-Displays in Berlin Mitte zu publizieren. Falls nötig, würden wir einen Fundraiser organisieren«, schrieb Harnasch in seiner Anfrage.
Die Wall AG betreibt im Auftrag der BVG an Berliner Bushaltestellen und in U-Bahn-Stationen Werbesäulen. Der Firmengründer Hans Wall, der 2019 verstarb, war 2004 für sein Eintreten gegen Rassismus und für mehr Toleranz von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin mit dem Heinrich-Stahl-Preis ausgezeichnet worden.
Die Antwort, die Harnasch erhielt, schmeckte ihm gar nicht: »Die Rücksprache im Haus mit Prüfung der Motive hat ergeben, dass die vorliegenden Motive nicht in den Aushang gebracht werden können. Grund sind die Vorgaben unserer Vertragspartner.« Es handele sich um politische Werbung – eine Einschätzung, die Harnasch zurückweist.
Doch auch die Verkehrsverwaltung des Berliner Senats lehnte sein Ansinnen ab – laut »Tagesspiegel« mit der Begründung, dass die Gefahr einer »konfliktverschärfenden Wirkung mit Folgen für die öffentliche Sicherheit« sowie ein »Risiko für die Werbeanlagen und letztlich damit auch für die Firma Wall« bestehe. Aber, so fügte eine Pressesprecherin lapidar hinzu: »Ungeachtet dessen stehen wir fest an der Seite Israels.«
Jan-Philipp Hein, Mitbegründer der Salonkolumnisten, sagte dem Nachrichtenportal »t-online«: »Wenn die BVG – und damit wir Berliner als Gesellschafter – vor der latenten Gewalt der Hamas-Supporter in unserer Stadt zurückweichen, verraten wir die gerade akut bedrohten Juden. Gerade jetzt sind klare Handlungen nötig.« mth