Der Vorsitzende des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, Avadislav Avadiev, nannte es »ein wunderbares Zeichen der Solidarität mit dem jüdischen Volk«. Denn für ihre erste Konferenz nach den Attentaten in Paris und den vereitelten Anschlägen in Belgien sowie im hessischen Oberursel entschieden sich die Innenminister von Bund und Ländern für einen symbolträchtigen Ort: die Mainzer Synagoge.
Am Donnerstag wählten die Minister und Senatoren die Veranstaltungsräume des Gotteshauses als Ort für ihre internen Gespräche. Zentrales Thema der Zusammenkunft der Politiker war der Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
70 Jahre nach der Schoa und 50 Jahre nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland konferierten die Minister erstmals unter dem Dach eines jüdischen Gemeindezentrums.
Symbolik »Das hat eine besondere Symbolik«, betonte der Chef der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), auf dessen Initiative die Wahl des Tagungsortes zurückgeht. Der rheinland-pfälzische Politiker lobte die Beziehungen zu der Mainzer Gemeinde als gut und vertrauensvoll. Gemeinsam, so der Innenminister, werde man die Herausforderungen durch Terror und Antisemitismus bewältigen.
Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Stella Schindler-Siegreich, sprach von einem »aufregenden Moment auch für die Gemeinde«. Es sei ein »Zeichen der Wertschätzung und keineswegs selbstverständlich«, sagte sie der Jüdischen Allgemeinen, dass die Ministerkonferenz in den Räumen des Zentrums zusammenkomme. »Wir fühlen uns geehrt«, erklärte Aharon Ran Vernikovsky, Rabbiner der Gemeinde Mainz und Worms.
In einer »Mainzer Erklärung«, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, sprach sich die Innenministerkonferenz gegen Antisemitismus aus. »Im Bewusstsein der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands und im Gedenken an über sechs Millionen ermordete Juden, sowie in Kenntnis der fortdauernden Bedrohung des Staates Israel und der Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens auch in unserem Land«, bleibe die Bekämpfung jeder Form von Antisemitismus ständige Herausforderung und Verpflichtung für Staat und Gesellschaft, hieß es darin.
Sorge Die steigende Zahl von Straftaten und die offene und auch versteckte Agitation mit antisemitischem Hintergrund, die dem rechts- sowie linksextremistischen und teils islamischen Spektrum zuzuordnen seien, sehen die Minister mit großer Sorge.
Laut der Statistik über politisch motivierte Kriminalität ist die Zahl der Straftaten mit antisemitischem Hintergrund um 25,2 Prozent gestiegen. 2013 wurden 1275 dieser Straftaten registriert, ein Jahr später schon 1596.
Die Ängste der Mitbürger jüdischen Glaubens nähmen die Minister »ausgesprochen ernst«. Dabei sei nicht zu verkennen, »dass antisemitische Einstellungen auch in Teile der Gesellschaft im Sinne eines Verbal-Antisemitismus reichen«, hieß es in der Erklärung.
Der entschlossene Kampf gegen Antisemitismus und Schutz der Bürger jüdischen Glaubens sei Staatsräson und bleibe »wichtige politische Aufgabe für den deutschen Staat und die gesamte Gesellschaft«. Die Erklärung, gerahmt und im Original mit den Unterschriften aller 17 Innenminister, überreichte Bundesinnenminister Thomas de Maizière an die Vorsitzende der Mainzer Gemeinde.
Die Minister tagen noch bis Freitag. Dabei geht es um weitere Themen wie Asyl und Flüchtlinge sowie Gewalt gegen Polizisten und in Fußballstadien.