Der Vorschlag für einen gesetzlichen Feiertag zur Würdigung des 75. Jahrestags der Befreiung vom Nationalsozialismus ist in Brandenburgs Koalitionsfraktionen auf Ablehnung gestoßen. »Wir sind dagegen, einen gesetzlichen Feiertag zu einem Ereignis, das ganz Deutschland angeht, überstürzt und vereinzelt einzuführen«, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Erik Stohn am Dienstag in Potsdam. Auch bei CDU und Grünen gab es Widerspruch gegen einen Feiertag am 8. Mai 2020.
In Berlin ist der 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs ein einmaliger gesetzlicher Feiertag. Brandenburgs Gedenkstättendirektor Axel Drecoll hatte dies auch für Brandenburg und die anderen Bundesländer empfohlen. Die Linke in Brandenburg will zur Landtagssitzung in der vorletzten Januarwoche einen Antrag für einen Feiertag am 8. Mai 2020 einbringen. Seit 2015 ist der 8. Mai in Brandenburg bereits ein offizieller Gedenktag, jedoch zugleich ein normaler Arbeitstag.
Gedenktag »Für uns ist die Einordnung als Gedenktag angemessen«, sagte die CDU-Fraktionssprecherin für Europa und Menschenrechte, Barbara Richstein, dem Evangelischen Pressedienst (epd): »Es kommt grundsätzlich darauf an, Gedenktage würdig und glaubhaft auszuüben. Dafür braucht es keine weiteren gesetzlichen Feiertage, sondern eine starke demokratische Kultur.«
»Es braucht keine weiteren gesetzlichen Feiertage, sondern eine starke demokratische Kultur.« Barbara Richstein
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Budke sagte dem epd, der Gedenktag sei »gerade in diesen Zeiten« sehr wichtig. Den 8. Mai kurzfristig zu einem Feiertag zu machen, würde jedoch Betriebe und Institutionen vor Probleme stellen. Die Linke hätte im vergangenen Jahr »alle Möglichkeiten gehabt«, den Feiertag auf den Weg zu bringen, sagte Budke: »Bei rechtzeitiger Planung wären wir dabei gewesen.«
In Berlin sei ausreichend Zeit zur Vorbereitung auf den Feiertag gewesen, sagte Stohn: »Für Brandenburg wäre die Vorbereitungszeit jetzt zu kurz.« Als Gedenktag bleibe der 8. Mai wichtig. In diesem Jahr werde »mit vielen Veranstaltungen an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an das Ende des verheerenden Krieges vor 75 Jahren erinnert«.
9. Mai Außerdem sei fraglich, »ob nicht der 9. Mai als Europatag ebenso für einen Feiertag geeignet wäre«, betonte Stohn: »Als Ergänzung zum Rückblick auf das Kriegsende 1945 kann ich mir ein Bekenntnis zu einer friedlichen Zukunft in Europa am 9. Mai gut vorstellen.«
Die Idee für einen »möglicherweise sogar bundesweiten, gesetzlichen Feiertag« könne sie zwar gut nachvollziehen, sagte Staatskanzleichefin Kathrin Schneider dem epd. Dagegen spreche jedoch, dass eine Umsetzung »zeitlich nicht mehr sinnvoll möglich« sei.
Am 8. Mai werde an das »Ende des grauenvollen Zweiten Weltkriegs und des jahrelangen Terrors durch den Nationalsozialismus« erinnert, der unendliches, millionenfaches Leid über Deutschland, Europa und darüber hinaus gebracht habe, betonte Schneider: »Diese Erinnerungskultur werden wir stets wachhalten.« Niemand dürfe »die Geschichte umdeuten und böses Gift in die Gesellschaft streuen«.
Auch deshalb sei der 8. Mai seit 2015 ein offizieller Gedenktag in Brandenburg. »Ich bin sicher, dass Brandenburg damit einen sehr guten Weg gefunden hat, dieses historische Datum fest zu verankern«, sagte Schneider: »Und vielleicht nachhaltiger als mit einem einzelnen Feiertag.« epd