Nach dem Anschlag von Solingen unterstreicht der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide die Rolle von muslimischen Gemeinden, um islamistischem Terror vorzubeugen. Sie seien herausgefordert, »sich nicht nur von Terror im Namen des Islams zu distanzieren, sondern zugleich für Alternativdeutungen des Islams zu sorgen«, sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster.
»Sowohl Moscheegemeinden als auch vom Staat geförderte Projekte müssen dringend in die Pflicht genommen werden, Alternativangebote in den sozialen Medien mit dem Bild eines weltoffenen Islams zu verbreiten«, so Khorchide.
Auch ist ihm zufolge wichtig, Muslimen klarzumachen, dass es ihnen hierzulande gut geht: »Dass Muslime hier die Religionsfreiheit haben und geschützt werden wie in den meisten islamischen Ländern nicht.« Muslime könnten hier Moscheen bauen und Predigten halten. In Deutschland hätten Muslime die Freiheit, islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen zu besuchen und islamische Theologie an den Universitäten zu studieren.
Klare Kriterien
Das Thema Radikalisierung und Islam müsse bereits an den Schulen viel stärker Thema sein, forderte der Islamwissenschaftler mit Blick auf das meist jugendliche Alter der Attentäter. Radikalisierung und der Umgang mit Gewaltpositionen innerhalb der heiligen Schriften des Islams müssten zum festen Bestandteil der Lehrpläne des islamischen Religionsunterrichts werden. Das sollte nicht nur beim islamischen Religionsunterricht verankert werden, mahnte der Professor für Islamische Religionspädagogik.
Mit Blick auf die Debatte über eine Verschärfung der Migrationspolitik sagte Khorchide: »Es müssen klare Kriterien erstellt und eingehalten werden, wer ins Land darf und wer nicht.« Im Asylbereich müssten zudem viel mehr Menschen mit einem vernünftigen Bild vom Islam eingesetzt werden, um ihre Landsleute aus Syrien oder aus Afghanistan aufzuklären. Diese Leute könnten auch viel schneller erfassen, wer mit einem extremistischen Gedankengut komme und wer gefährlich sein könnte.
Der 26-jährige mutmaßliche Täter von Solingen sei aus einer syrischen Stadt gekommen, die eine Hochburg des IS gewesen sei, sagte Khorchide. »Das heißt, man hätte hier alarmiert sein können, wenn man genau recherchiert hätte, oder wenn es eine Kommunikation mit der syrischen Community gegeben hätte.« Der Wissenschaftler mahnte zugleich, dass nach Anschlägen nicht alle Muslime unter Generalverdacht gestellt werden dürften.