Weiter wie bisher? Die Europäische Kommission will die vor sechs Wochen ausgesetzten Zahlungen an die Palästinenser wieder aufnehmen, künftig aber noch genauer hinschauen, wie EU-Haushaltsmittel verwendet werden. Eine unmittelbar nach dem Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober eingeleitete interne Prüfung habe keine Anzeichen dafür ergeben, dass EU-Gelder direkt oder indirekt an die Terrororganisation geflossen seien, teilte die Kommission am Dienstag in Brüssel mit.
Die EU ist der mit Abstand größte externe Geldgeber für die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah und überweist zudem jedes Jahr dreistellige Millionenbeträge, unter anderem an das Palästina-Flüchtlingshilfswerk UNRWA, das im Westjordanland und im Gazastreifen Schulen betreibt, und an zivilgesellschaftliche Organisationen. Die nächste Zahlung nichthumanitärer Hilfe in die Palästinensergebiete könnte demnach noch vor Monatsende erfolgen.
Auch die Bundesregierung hatte vor Kurzem angekündigt, Entwicklungshilfezahlungen an die Palästinenser wieder aufzunehmen. Wie die EU-Kommission hatte auch Deutschland die humanitären Leistungen für Gaza von der Überprüfung ausgenommen und sogar noch gesteigert.
Streit um Definitionen
Der ungarische EU-Kommissar Olivér Várhelyi wollte trotz der Prüfungsergebnisse strengere Vorgaben für künftige Projekte durchsetzen. So drang er darauf, dass in Zukunft keine Organisationen mehr mit EU-Geldern bedacht werden sollen, deren Vertreter die Hamas unterstützen oder sich antisemitisch äußern. Neue Verträge für Projekte in den Palästinensergebieten sollen Klauseln enthalten, die auch direkte Verwandte von gesperrten Empfängern von entsprechenden Zahlungen ausschließen würde. Auch sollen bei der Überwachung der palästinensischen Begünstigten und Subunternehmer externe Kontrolleure beigezogen werden.
Bereits jetzt enthalten die Förderverträge Klauseln, die die Verherrlichung von Terror oder judenfeindliche Aussagen durch Zuwendungsempfänger ausschließen sollen. In der Praxis gestaltet sich die Durchsetzung allerdings schwierig. Nachdem die israelische Regierung im Jahr 2021 sechs palästinensische NGOs als Vorfeldorganisationen terroristischer Gruppen wie der PFLP eingestuft hatte, reagierte die EU ebenfalls mit einer Prüfung, um dann einige Monate später die Anschuldigungen Jerusalems als nicht stichhaltig zurückzuweisen.
Allerdings hatten sich zwei Begünstigte wegen des Vorwurfs der Hassrede nach dem 7. Oktober der Kommission gegenüber noch zu erklären, erklärte die Kommission am Dienstag. Diese beiden Organisationen würden vorerst keine EU-Zahlungen erhalten. Zudem habe die Prüfung ergeben, dass Mittel in Höhe von gut 75 Millionen Euro für Projekte im Gazastreifen wegen des aktuellen Konflikts momentan nicht dafür ausgegeben werden können. Das veranschlagte Geld werde auf andere Projekte in den palästinensischen Gebieten umverteilt.
Die deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: »Nach den schrecklichen Ereignissen vom 7. Oktober war eine sorgfältige Überprüfung unserer finanziellen Unterstützung notwendig. Diese Überprüfung hat bestätigt, dass die bestehenden Schutzmechanismen wirksam sind. Wir arbeiten nun daran, unsere künftige Unterstützung für die Palästinenser in Anbetracht der sich verändernden und sich weiter entwickelnden Situation zu gestalten.«