Jerusalem

Keine Routine

Bundespräsident Steinmeier beim Besuch der Bildungs- und Begegnungsstätte Givat Haviva Foto: dpa

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beendete am Dienstag seinen Antrittsbesuch in Israel und den Palästinensischen Gebieten. Am Morgen fuhr er von Jerusalem nach Ramallah, um dort Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu treffen. Am Grab des früheren Palästinenserführers Jassir Arafat legte er einen Kranz nieder, wurde anschließend von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit militärischen Ehren empfangen.

Beim Gespräch in der Mukata, dem Amtssitz des Präsidenten, ging es um die Perspektiven des Friedensprozesses und die deutsche Unterstützung des Staatsaufbaus. Wie schon zuvor in Jerusalem bekräftigte Steinmeier in Ramallah die Forderung nach einer Zweistaatenlösung. In den kurzen Statements lobte Abbas das gute Niveau der Zusammenarbeit beider Länder.

Steinmeier sagte, dass man über die Jahre ein jeweils verlässlicher Partner für den anderen geworden sei. Kritische Töne gab es nicht. Zumindest vor der Presse waren Demokratiedefizite in der palästinensischen Gesellschaft oder die anhaltende Unterstützung des Terrors gegen israelische Zivilisten durch die Autonomiebehörde kein Thema.

Givat Haviva Am Montag, dem zweiten Tag seines Israel-Besuches, hatte der Bundespräsident die Bildungs- und Begegnungsstätte Givat Haviva besucht, die sich für jüdisch-arabische Verständigung einsetzt. Steinmeier zeigte sich sehr beeindruckt von der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen und meinte anschließend, dass Projekte wie diese zeigten, dass Verständigung möglich sei. Er nannte die Einrichtung eine »Insel der Hoffnung«.

Danach war er mit israelischen Intellektuellen wie den Schriftstellern Amos Oz und David Grossman, Autorin Zeruya Shalev, Ex-Botschafter Avi Primor und Historiker Moshe Zimmermann zusammengekommen. Die Gespräche seien von der Sorge um das Land bestimmt gewesen, hieß es im Anschluss. Der Bundespräsident rief erneut dazu auf, sich auch weiterhin – wie in der Vergangenheit – gegenseitig die Freiheit der Gesprächswahl zu erlauben. »Es bleibt dabei, dass ich sage, wir brauchen da keine neuen Regeln.«

Ein Empfang im Deutschen Hospiz St. Charles bildete am Montagabend den Abschluss des Israel-Programms. Dabei erwähnte Steinmeier nochmals das Treffen mit den regierungskritischen Intellektuellen und sagte: »Was mich begeistert an diesem Land, ist die Neugier, die Streitlust – und manchmal streitet sich Israel dann auch mit uns.«

verantwortung Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat den Bundespräsidenten in Israel begleitet. Er hatte vor Reiseantritt seine Hoffnung ausgedrückt, dass Steinmeier nach den jüngsten Irritationen die unverbrüchliche Freundschaft und die immerwährende Verantwortung Deutschlands für den jüdischen Staat deutlich macht.

Am Ende des Israel-Programms des Bundespräsidenten bemerkte Schuster: »Ich bin der Meinung, dass es dem Bundespräsidenten gelungen ist, die entstandenen Irritationen auszuräumen und die Beziehungen wieder auf das Niveau zu bringen, das sie vorher hatten.« Besonders würdigte er den Besuch Steinmeiers in Yad Vashem und sein Zusammentreffen mit Überlebenden der Schoa in Tel Aviv. »Das waren für ihn besondere Programmpunkte, keine Routinetermine. Da war viel Empathie dabei, das entspricht seiner persönlichen Einstellung.« ddk

Lesen Sie mehr dazu in der kommenden Ausgabe.

Meinung

Die Union legitimiert die AfD und diffamiert alle Migranten

Friedrich Merz schafft ein Umfeld, in dem Antisemitismus gedeiht, wenn er die Punkte der AfD übernimmt

von Liora Jaffe  05.02.2025

Appell

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen in der Migrationspolitik endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten

von Ayala Goldmann  05.02.2025

Debatte

Auschwitz-Überlebender appelliert an Merz: »Bleiben Sie Mensch«

Merz solle das »menschenfeindliche« Gesetz nicht weiter behandeln

 05.02.2025

Düsseldorf

Mehr als 4500 antisemitische Straftaten im vergangenen Jahr

Judenhass ist in Deutschland verbreitet. Das zeigt sich erneut in einer erschreckend hohen Zahl von Straftaten

 05.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz und die Verschärfung der Migrationspolitik: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  05.02.2025 Aktualisiert

Riad

Saudi-Arabien bekräftigt Unterstützung für Palästinenser

Mithilfe der USA will Israel sein Verhältnis zur Führung in Riad normalisieren. Doch die Saudis stellen Bedingungen

 05.02.2025

Washington D.C.

Netanjahu berät über Verhandlungen mit der Hamas

Die Verhandlungen über die zweite Phase des Geisel-Deals hätte schon am Montag beginnen sollen

 04.02.2025

Kommentar

Hoffen wir, dass Donald Trump einen Plan hat

Der US-Präsident will den Gazastreifen besetzen und hätte nichts dagegen, wenn Israel Teile des Westjordanlands annektieren würde. Was will er damit bezwecken?

von Nils Kottmann  05.02.2025 Aktualisiert

Interview

»Es wäre zu schwer, um es weiterhin an meiner Jacke zu tragen«

Der Schoa-Überlebende Albrecht Weinberg möchte sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben - aus Protest gegenüber dem Antrag der Unionsfraktion zur Asylpolitik

von Christine Schmitt  04.02.2025