Meinung

Keine Handschellen an der Kotel

Anat Hoffman steht einer israelischen Organisation vor, die für das Recht der Frauen eintritt, an der Kotel in Jerusalem beten zu dürfen. Vergangene Woche wurde sie verhaftet, weil sie und weitere 200 Frauen trotz Aufforderungen der Polizei nicht mit dem öffentlichen Gebet aufhören wollten. In Handschellen wurde Hoffman abgeführt, lange Strecken am Boden geschleift. Nach eigenen Aussagen musste sie sich bei der Polizei zeitweise splitternackt ausziehen und verbrachte die Nacht auf dem Boden einer Zelle. Ihr Tallit war der einzige Schutz gegen die Kälte. Frei kam sie erst, als sie für die Dauer von 30 Tagen auf den Besuch der Kotel verzichtete.

Frauenrechte Wer jetzt auf die Ultraorthodoxen schimpft, hat sich die Falschen ausgesucht. Die Einstellung der Orthodoxie zur Rolle der Frauen im Judentum gehört zum breiten Spektrum jüdischer religiöser Einstellungen zu Frauenrechten. Sie werden von den meisten Juden respektiert und toleriert, unter anderem deswegen, weil wir alle wissen, dass Judentum auch anders sein kann und darf.

Die Frage ist vielmehr, wie man die verschiedenen Segmente des gesamten Judentums nicht gegeneinander ausspielt. Ausgerechnet am heiligsten aller jüdischer Orte gelingt dieser Ausgleich leider nicht. Die richtigen Adressaten der Empörung sind insofern der israelische Staat und sein Oberstes Gericht. Die stellten sich 2003 gegen die jüdischen Beterinnen. Es ist der israelische Staat, der nicht nur eine betende Frau von der Kotel abführen lässt, sondern auch offensichtlich Erniedrigungen gegen sie toleriert. Hier stockt der innerjüdische Ausgleich gewaltig.

Wer jetzt Zurückhaltung der Diasporajuden mit Verweis auf Israels Selbstbestimmung anmahnt, irrt. Wenn sich die ganze Welt den russischen Staat für die Strafverfolgung der feministischen Punkband Pussy Riot vorknöpft, dann müssen sich auch ausländische Juden im Fall Anat Hoffman ihre Kritik nicht verbieten lassen.

Gerade, wenn wir genau hinschauen, sehen wir die Unterschiede: Hoffman hat sich keine Punk-Eskapaden geleistet, sondern lediglich gebetet. Auch wurde sie nicht für zwei Jahre nach Sibirien geschickt. Doch die Frage, ob man sich in einem modernen, demokratischen und jüdischen Staat Polizeimisshandlungen gefallen lassen muss, ist mehr als berechtigt.

Der Autor ist Anwalt und Publizist in Berlin.

Berlin

Makkabi-Spieler von bewaffneten Jugendlichen bespuckt und beleidigt

In Neukölln soll es nach einem Fußballspiel zu antisemitischen Vorfällen gekommen sein

 08.11.2024

Meinung

Wie in einer anderen Welt

Früher konnten israelische Fans durch europäische Städte schlendern, heute scheint das undenkbar

von Monty Ott  08.11.2024

Niederlande

Was über die Gewaltszenen in Amsterdam bekannt ist

Mithilfe offizieller Stellungnahmen der Behörden, der Berichterstattung niederländischer Medien sowie von Videos, die die Vorfälle wahrscheinlich zeigen, lässt sich eine vorläufige Rekonstruktion der Ereignisse erstellen

von Joshua Schultheis  08.11.2024

Fußball

UEFA verurteilt antisemitische Ausschreitungen in Amsterdam

Der Verband will prüfen, ob er Maßnahmen ergreifen wird

 08.11.2024

Antisemitische Ausschreitungen

»Wir haben die jüdische Gemeinde im Stich gelassen«

Der niederländische König hat sich nach den Angriffen auf israelische Fußballfans in Amsterdam zu Wort gemeldet

 08.11.2024

Berlin

»Die Hatz auf Juden ist wieder ausgebrochen«

Josef Schuster äußert sich zum Pogrom von Amsterdam

 08.11.2024

Amsterdam

Mehrere Verletzte nach »Pogrom« gegen israelische Fußballfans

Der Nationale Sicherheitsrat Israels warnt Staatsbürger und andere Juden in den Niederlanden

von Imanuel Marcus, Nils Kottmann  08.11.2024 Aktualisiert

Antisemitische Ausschreitungen

Herzog: »Antisemitisches Pogrom« in Amsterdam

Der israelische Staatspräsident hat sich zur Jagd auf israelische Fußballfans geäußert

 08.11.2024

Niederlande

Israel schickt Flugzeuge, um Fans nach Hause zu holen

Israelische Politiker: bestürzende Gewaltszenen, bei denen »propalästinensische« Täter Jagd auf Juden machen

 08.11.2024 Aktualisiert