Österreich

Keine Gnade für Templ

Journalist Stephan Templ am Freitag, 6. Juni 2014, vor Beginn der Berufungsverhandlung wegen schweren Betrugs an der Republik Österreich im Oberlandesgericht Wien. Foto: dpa

»Der Generalprokurator hat nach Prüfung Ihres Vorbringens keinen Anlass für ein Vorgehen gemäß den §§23 Abs. 1, 392, 363a StPO gefunden.« So steht es im Brief des österreichischen Generalprokurators, einer Art Generalstaatsanwalt, Werner Pleischl, an den Londoner Verteidiger von Stephan Templ, Robert Amsterdam. Abgeschickt wurde der für Nichtjuristen kaum verständliche Satz am 30. Dezember 2014. Er bedeutet nichts anderes, als dass der Journalist und Restitutionsexperte Stephan Templ nun vermutlich doch eine Gefängnisstrafe von einem Jahr Haft, plus zwei Jahren auf Bewährung, absitzen muss.

grundstück Dabei hatte noch im November 2014 eine andere österreichische Institution, nämlich der Finanzprokurator, schriftlich festgestellt, dass Templ die Republik nicht geschädigt hatte, als er im Restitutionsfall eines Wiener Grundstücks nur den Namen seiner Mutter, nicht aber den seiner Tante als mögliche Begünstigte angegeben hatte. Auch Briefe von österreichischen Botschaftsvertretern in Berlin und Den Haag bestätigten die Einschätzung, dass sich Templ damit nicht strafbar gemacht hatte.

Damit schien der Weg frei, ein mehr als seltsames Gerichtsurteil korrigieren zu können. Ein Urteil, das in vielen Ländern Kopfschütteln, Sorge und heftige Proteste hervorgerufen hat: Templ, Nachkomme jüdischer Schoa-Opfer und scharfer Kritiker der Restitutionspraxis, wird von der Justiz als eine Art Nutznießer der NS-Zeit hingestellt und bestraft.

restitution Stephan Templ verweist auf seinen Anwalt, Robert Amsterdam. Dieser schreibt nun an Generalprokurator Pleischl in einem Brief, der der Jüdischen Allgemeinen vorliegt: »Der Restitutionsprozess wurde in Gang gesetzt, um das Unrecht zu korrigieren, das der jüdischen Bevölkerung in Österreich von den Nazis zugefügt worden war. Stephan Templ hat nichts anderes getan, als dieses Recht für sich in Anspruch zu nehmen.«

Ob solche Argumente die Republik Österreich doch noch in irgendeiner Form zum Einlenken bringen, muss nach der jahrelangen Vorgeschichte bezweifelt werden. Immerhin ist nun der Justizminister des Landes, Wolfgang Brandstetter, am Zug: Der parteilose Politiker muss nämlich bald im Parlament eine Anfrage der Grünen beantworten. Sie wollen von Brandstetter wissen, ob die Staatsregierung beabsichtigt, den Fall Templ nochmals neu aufzurollen.

Mainz

Weißer Ring: Jüdisches Leben auf dem Rückzug

Barbara Richstein, die neue Bundesvorsitzende der Organisation, fordert ein klares Eintreten gegen Judenhass

 15.01.2025

Berlin

Weltweiter Antisemitismus alarmiert Bundesbeauftragten Klein

Negative Stereotype über Juden sind einer Befragung zufolge weltweit so verbreitet wie nie

 15.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025